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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KLAUS BOERS<br />

nehmlich im Kindes- und Jugendalter Erfolg versprechend; in späteren Jahren würden<br />

indessen immer stärker sichernde Maßnahmen an Bedeutung gewinnen, um die Gesellschaft<br />

<strong>vor</strong> der (Gewalt-) Kriminalität persistenter Intensivtäter bewahren zu können.<br />

Auf der anderen Seite gewann in jüngeren Jahren zunehmend die Ansicht Raum,<br />

dass der allergrößte Teil persistenter Intensivtäter bereits in der dritten Lebensdekade<br />

die delinquente Entwicklung abbreche oder abzubrechen beginne (Abbruchsannahme).<br />

Folglich wären zur Unterstützung oder Initiierung eines solchen generellen Abbruchstrends<br />

sozialpädagogische oder therapeutische Präventionsprogramme gerade auch<br />

noch in späteren Jahren sinnvoll.<br />

Die neuere empirische Befundlage der internationalen kriminologischen Verlaufsforschung<br />

spricht auch bei persistenten Intensivtätern für einen (generellen) Trend<br />

zum Abbruch des Delinquenzverlaufs. Denn es ist nicht nur der Anteil der Intensivtäter<br />

bereits ab der Mitte des Jugendalters rückläufig. Vor allem scheint deren jährliche<br />

Deliktsrate spätestens ab der dritten Lebensdekade stark zurückzugehen, so dass die<br />

Täterinzidenzraten auch für solche hoch belasteten Täter einen glockenförmigen Alterskriminalitätsverlauf<br />

aufweisen.<br />

In konzeptioneller Hinsicht spricht demnach einiges dafür, <strong>vor</strong>rangig nicht von einer<br />

lang andauernden Persistenz, sondern von einem generellen Abbruchsprozess auszugehen.<br />

Sollten sich diese Grundbefunde in weiteren Studien bewähren, dann würde<br />

dies einen Paradigmawechsel in der kriminologischen Verlaufsforschung markieren.<br />

Neuere Analysen geben zudem Anlass, die Bedeutung des frühen Beginns als Prädiktor<br />

eines persistenten Delinquenzverlaufs zu relativeren. Denn danach wies ein (deutlich)<br />

überwiegender Teil der in frühen Jahren stark Belasteten keinen lang andauernden<br />

Verlauf auf. Des Weiteren zeigte sich in den klassischen wie in den neueren<br />

Längsschnittstudien, dass soziale Defizite für den weiteren Delinquenzverlauf bedeutsamer<br />

sind als personale Risikofaktoren.<br />

<strong>Das</strong> Umdenken in der kriminologischen Verlaufsforschung kommt auch in der <strong>vor</strong><br />

dem Hintergrund dieser Befunde neu entstandenen systematischen Erforschung des<br />

Abbruchs zum Ausdruck. Damit geht es wissenschaftlich nicht mehr allein um die<br />

komplizierten sozialen und personalen und unter anderem deshalb nur schwer zu ändernden<br />

Entstehungsbedingungen, sondern auch um die möglicherweise einfachere<br />

Unterstützung eines im Delinquenzverlauf generell angelegten Prozesses zum Abbruch.<br />

Eine erfolgreiche Unterstützung des Abbruchs ist möglicherweise deshalb „einfacher“,<br />

weil es hier darum geht, eine in dieser Phase des menschlichen Lebensverlaufs<br />

<strong>vor</strong>handene inhärente Dynamik zum Abbruch zu verstärken, während man bei<br />

der frühen Intervention versuchen muss, die in dieser frühen Lebensphase bedeutsame<br />

(und wahrscheinlich in einem ähnlichen Ausmaß eigendynamische) Entwicklung zur<br />

Delinquenz umzukehren. Die bisherigen Befunde deuten darauf hin, dass einerseits die<br />

strukturelle Neugestaltung sozialer Bindungen (<strong>vor</strong> allem feste Arbeitsbeziehungen<br />

und stabile Partnerschaft) und andererseits wohl auch die bewusste Herausbildung<br />

eines Selbstkonzeptes zur konformen Lebensgestaltung den Abbruchprozess am ehesten<br />

fördern – und zwar unabhängig von den Risikofaktoren und Belastungen des Kindes-<br />

und Jugendalters (Letzteres ist indessen selbstverständlich, denn ansonsten würde

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