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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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BRIGITTE ZYPRIES<br />

heitsstrafe durch freie Arbeit abzuwenden. Zu diesem Ergebnis kann man auch ohne<br />

Umwege kommen, nämlich durch die Anwendung des Jugendstrafrechts und die Weisungen<br />

oder Auflagen, die es ermöglicht. Gerade das Jugendstrafrecht kennt nicht nur<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe, sondern eine breite Palette an Maßnahmen, mit denen weiteren<br />

Straftaten wirksamer <strong>vor</strong>gebeugt werden kann.<br />

Auch von der Forderung nach einem sogenannten Warnschuss-Arrest halte ich wenig.<br />

Die hohe Rückfallrate spricht nachdrücklich dagegen, junge Menschen leichtfertig<br />

in den Jugendarrest zu nehmen. Außerdem geht der Euphemismus "Warnschussarrest"<br />

häufig an der Realität <strong>vor</strong>bei. In vielen Ländern dauern Jugendstrafverfahren so<br />

lange und beginnt die Vollstreckung so spät, dass so etwas kein Warnschuss, sondern<br />

eher das leise Echo einer lange zurückliegenden Tat wäre. Im Übrigen wäre eine<br />

Ausweitung der Arrestplätze auch nicht zum Nulltarif zu haben. So etwas kostet Geld.<br />

Geld, das besser investiert wäre für eine Beschleunigung der Verfahren in der Justiz<br />

und für den Ausbau ambulanter Maßnahmen.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

diese Beispiele zeigen, dass mit Populismus keine Sicherheit zu schaffen ist. Neue<br />

Vorschläge brauchen stets eine solide empirische und kriminologische Grundlegung.<br />

Auch deshalb haben wir heute zu dieser Konferenz eingeladen, denn wir wollen klären,<br />

<strong>vor</strong> welchen <strong>Herausforderungen</strong> das <strong>Jugendkriminalrecht</strong> steht und wie wir sie<br />

meistern können. Zwei Bereiche, die häufig im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit<br />

stehen, die die populäre Wahrnehmung von Jugendkriminalität prägen und so<br />

kriminalpolitische Forderungen beeinflussen, sind die Delinquenz junger Menschen<br />

mit Migrationshintergrund und die sogenannten Intensivtäter. Wir wissen, dass die<br />

Ursachen für eine solche gesellschaftliche Desintegration vielfältig sein können: Mangelnde<br />

Sprachkenntnisse, schlechte Bildungschancen, kaum Zugang zum Arbeitsmarkt,<br />

wenig wirtschaftliche Perspektiven – hier sind mehr Politikbereiche gefordert,<br />

als nur Justiz und Strafrecht. Deshalb bleibt es richtig, für die Politik einen doppelten<br />

Auftrag zu fordern: Sie muss konsequent gegen die Kriminalität <strong>vor</strong>gehen, und genauso<br />

konsequent gegen deren Ursachen. Für mich heißt das <strong>vor</strong> allem: Schnelle Strafverfahren<br />

und einen schnellen Strafantritt – das ist beim Jugendstrafrecht besonders wichtig.<br />

Wohin eine gesellschaftliche Desintegration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

führen kann, haben <strong>vor</strong> einiger Zeit die Gewaltausbrüche in den französischen<br />

Vorstädten in erschreckender Art und Weise gezeigt. Es ist deshalb kein Zufall,<br />

dass ich gerade mit meiner französischen Kollegin einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch<br />

beschlossen habe. Aus beiden Ländern tauschen sich Staatsanwälte, Richter<br />

sowie weitere Praktiker und Experten darüber aus, wie sich Maßnahmen zur Bekämpfung<br />

von Jugendkriminalität entwickeln und umsetzen lassen. Dabei geht es insbesondere<br />

um eine bestmögliche gesellschaftliche Integration junger Straftäter.<br />

Bereits das erste Treffen hat gezeigt, dass die Fachleute in Frankreich und Deutschland<br />

in ihren Analysen der Ursachen weitgehend übereinstimmen. Was die Reaktionen<br />

des Staates auf Jugendkriminalität betrifft, gelten hier wie dort die gleichen internationalen<br />

Mindeststandards. Die Erkenntnisse der Kriminologie und die von ihr geprägten<br />

internationalen Empfehlungen der Vereinten Nationen oder des Europarats sprechen

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