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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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Franz Streng<br />

Aktuelle Entwicklungen im <strong>Jugendkriminalrecht</strong> – Diskussion<br />

In der Folge der beiden Eingangsreferate ergab sich zunächst eine Diskussion über<br />

weitere Ausprägungen von Punitivität. Erwähnung fanden: schärfer durchgeführter<br />

Jugendstrafvollzug, die Neuregelungen zur Führungsaufsicht und eine restriktivere<br />

Linie bei den Strafrestaussetzungen, wobei letzteres speziell für Sexualdelikte her<strong>vor</strong>gehoben<br />

wurde. Hinsichtlich der Jugendstrafen wies man auf die weitgehende Stabilität<br />

der Gefangenenzahlen in Deutschland hin, während sich in dieser Hinsicht in östlichen<br />

Nachbarstaaten eine Reduzierung von Punitivität und in den angelsächsischen<br />

Ländern ein Anstieg zeige. Als möglichen Ausdruck von Punitivität benannte man<br />

auch die jeweilige Praxis der U-Haft; insoweit fand aber auch die derzeit günstige<br />

Entwicklung zurückhaltender U-Haft-Nutzung Erwähnung. Hinsichtlich Jugendarrest<br />

monierte man von Praktikerseite teils einen problematischen Anstieg. Die Frage, ob<br />

Jugendrichter jetzt punitiver seien, blieb freilich umstritten. Etwa könnten neue Täterpopulationen<br />

zu härteren Reaktionsstrategien Anlass geben, wenn für diese Gruppen<br />

die Wirkmöglichkeiten der Jugendhilfe als geringer eingeschätzt werden. Der statistische<br />

Nachweis zunehmenden Jugendarrestes erscheint teils unsicher, da auf Landesund<br />

Bundesebene die Ungehorsamsarreste statistisch nicht erfasst werden.<br />

Hinsichtlich des Nachweises gestiegener Punitivität wurde die Analyse von Urteilsbegründungen<br />

empfohlen. Als methodisch gut gesicherter Beleg zunehmender<br />

Punitivität der Gerichte ließ sich der Anstieg der Strafhöhen bei der Aburteilung von<br />

Kapitaldelikten im Erwachsenenstrafrecht anführen. <strong>Das</strong> Jugendstrafrecht mit seinen<br />

nichtöffentlichen Hauptverhandlungen lebe derzeit gewissermaßen im generalpräventiven<br />

Windschatten des Erwachsenenstrafrechts.<br />

Erwähnung fanden auch Veränderungen im Bereich der Diversion. In diesem Zusammenhang<br />

machte man verminderte Ressourcen der Jugendhilfe für Verschärfungstendenzen<br />

verantwortlich, da das Angebot konstruktiver Maßnahmen zurückgehe.<br />

Freilich lägen die Diversionsquoten angesichts der dadurch bei der Justiz erzielten<br />

Ressourceneinsparungen immer noch sehr hoch. Von anderer Seite wurde her<strong>vor</strong>gehoben,<br />

die Klientel der Jugendgerichte habe sich in einer Weise verändert, dass die<br />

Jugendgerichtshilfe vermehrt auf Zugangsprobleme stoße. Von Praktikerseite kritisierte<br />

man die zu geringe Nutzung erzieherischer Maßnahmen und wies auf die Potentiale<br />

von Wiedergutmachung, Trainingskursen und auch Alkoholverbot als Weisung hin.<br />

Eine gewisse Korrektur fand dieses Votum durch die Feststellung, dass auch Zuchtmittel<br />

in praxi häufig erzieherisch ausgerichtet seien.<br />

Inwieweit die jugendstrafrechtliche Praxis bereits durch zunehmende Punitivität<br />

geprägt ist, blieb nach alledem im Detail umstritten. Teils sah man im Anstieg von<br />

Punitivität eher eine Gefahr für die Zukunft als bereits eine problematische Alltagsrealität.<br />

Auf großen Beifall stieß jedenfalls die von Wolfgang Heinz erhobene Forderung

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