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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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HACI-HALIL USCULAN<br />

nach wie <strong>vor</strong> mangelnde Repräsentanz der kulturell-ethnischen Minderheiten im deutschen<br />

Bildungskanon und der deutschen Öffentlichkeit gerade den Aufbau eines positiven<br />

symbolischen Bezuges zur Herkunft erschweren.<br />

Problematisch an diesem Ansatz der bikulturellen Sozialisation bzw. des Kulturkonflikts<br />

ist aber die Annahme, dass die Ursache der Probleme von Migrantenkindern<br />

eindeutig auf den Kulturwechsel und der damit zusammenhängenden Konflikte zurück<br />

zu führen ist. Zweifellos sind die interkulturelle Situation und ihr Bezug zu zwei unterschiedlichen<br />

kulturellen Milieus wichtige Aspekte der spezifischen Situation von<br />

Migranten. Kulturkonflikt-Konzepte werden aber reduktionistisch, wenn „Kulturwechsel“<br />

einseitig als eine Entwicklungseinschränkung des Individuums betrachtet<br />

und zugleich nicht mit reflektiert wird, dass ein einseitiger Bezug auf die eigenen kulturellen<br />

Hintergründe in der Migrationssituation sowohl entwicklungshemmende als<br />

auch entwicklungsbegünstigende Seiten hat (Gontovos, 2000). Die ausschließliche<br />

Zentrierung auf die Veränderungen der Heimatkultur – im Zuge einer Assimilation –<br />

führt dazu, dass die familiären und extrafamiliären sowie die gesellschaftlichen Bedingungen<br />

des Migrationslandes nicht mit reflektiert werden. Die Ansätze der bikulturellen<br />

Sozialisation und des interkulturellen Austausches gehen von einer einseitigen<br />

Bereicherung der Einheimischen bzw. eines einseitigen Verlustes der Migranten aus,<br />

so dass das zugrundeliegende Anpassungs- bzw. Assimilationskonzept zu eng ist.<br />

Mit Berry, Poortinga, Segall und <strong>Das</strong>en (1992) läßt sich eher vermuten, dass die<br />

Qualität „ökologischer Übergänge“, denen Migrantenkinder und ihre Familien begegnen,<br />

wesentlich dadurch bestimmt ist, dass die Eltern das doppelte Verhältnis, einerseits<br />

zur eigenen Ethnie, andererseits zur Aufnahmegesellschaft, eigenaktiv gestalten<br />

müssen. Dabei lassen sich, Bourhis, Moise, Perreault & Senéca (1997) folgend, auf<br />

Seiten der Migranten in idealisierter Form vier Optionen unterscheiden: Integration,<br />

Assimilation, Separation und Marginalisierung. Während bei Integration und Assimilation<br />

Handlungsoptionen stärker auf die aufnehmende Gesellschaft bezogen sind,<br />

wobei Integration zugleich Bezüge zur Herkunftskultur bzw. zur eigenen Ethnie stärker<br />

berücksichtigt, ist Separation durch eine stärkere Abgrenzung zur aufnehmenden<br />

Gesellschaft bei gleichzeitiger Hinwendung zur eigenen Ethnie und schließlich Marginalisierung<br />

durch eine Abgrenzung sowohl von intra- als auch interethnischen Beziehungen<br />

gekennzeichnet, wobei Marginalisierung, wie Sackmann (2001) betont,<br />

auch als eine Folge frustrierten Assimilations- oder Integrationswunsches verstanden<br />

werden kann. Dabei können diese Optionen bereichsspezifisch variieren und bringen<br />

nicht nur Unterschiede in personenbezogenen Präferenzen zum Ausdruck, sondern<br />

hängen wesentlich von den Erfahrungen mit Handlungsopportunitäten und -barrieren<br />

in der Aufnahmegesellschaft zusammen. Empirische Befunde sprechen dafür, dass<br />

Marginalisation und Separation mit höheren Belastungen verbunden sind als Integration<br />

und Assimilation (Berry & Kim, 1988; Morgenroth & Merkens, 1997).<br />

Zugleich sind hier jedoch auch die dominanten Orientierungen bei den Vertretern<br />

der Aufnahmegesellschaft zu berücksichtigen: Integration liegt <strong>vor</strong>, wenn Mitglieder<br />

der Aufnahmegesellschaft Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber der Kultur der<br />

Migranten aufbringen und ihnen den Zugang zur Kultur des Aufnahmelandes erleichtern<br />

und die Übernahme ihrer eigenen kulturellen Muster begrüßen. Assimilationsorientierungen<br />

liegen <strong>vor</strong>, wenn die Mitglieder der Aufnahmegesellschaft von Migranten

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