31.12.2012 Aufrufe

Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

124<br />

KLAUS BOERS<br />

lyse der Erst- und Nachuntersuchungsdaten der Tübinger Jungtäter-Vergleichsuntersuchung<br />

konnte zum einen – bei einer generellen Abbruchstendenz gegen Ende der<br />

dritten Lebensdekade – eine Eigendynamik des Verurteilungs- und <strong>vor</strong> allem Inhaftierungsverlaufs<br />

beobachtet werden; zum anderen hatten familiäre und soziale Defizite<br />

kaum einen Einfluss auf folgende Verurteilungen (Boers 2008).<br />

Schließlich zeigen (<strong>vor</strong>nehmlich in Deutschland) durchgeführte Studien des Sanktionierungsverlaufs,<br />

dass die Entwicklung der Sanktionshärte einen deutlichen Trend<br />

zur Sanktionseskalation aufweist. Diese verläuft zwar nicht kontinuierlich und scheint<br />

zu Beginn eher auf der Schwere und Anzahl der aktuellen Delikte zu beruhen, ist letztlich<br />

aber – wie insbesondere die Analysen der Freiburger Kohortenstudie mit den Daten<br />

des Bundeszentralregisters ergaben – von einer durch die Vorstrafenbelastung<br />

bedingten und von der der Deliktschwere unabhängigen „Eigendynamik im Sanktionshärteverlauf“<br />

geprägt (Höfer 2003, S. 131 ff., 135, 143; Heinz 1990, S. 38 ff.; Hering<br />

1993, S. 269 ff; teilw. and. Gerken und Berlitz 1988, S. 21 ff.). Konnte eine Eskalation<br />

der Deliktsschwere, also im individuellen Verhalten, bislang kaum festgestellt<br />

werden (siehe oben 2., a.E.), so scheint eine Sanktionseskalation, also in den institutionellen<br />

Entscheidungen, besser belegt zu sein. <strong>Das</strong>s dabei die mittlere Sanktionshärte<br />

im Jugendstrafverfahren im Vergleich mit dem allgemeinen Strafverfahren sowohl<br />

höher lag als auch schneller stieg (Höfer 2003, S. 143 f.), bestätigt zudem die bekannte<br />

Beobachtung, dass Jugendliche bei vergleichbaren Fällen der leichten und mittleren<br />

Kriminalität härter als Erwachsene sanktioniert werden (Heinz 1990, S. 41 ff.; Albrecht<br />

2000, S. 74 f. m.w.N.). 38<br />

F. Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Analysen sowie die kriminalpräventive und kriminalpolitische Diskussion zur<br />

Kontinuität und zum Abbruch von Delinquenzverläufen beziehen sich im Kern auf<br />

persistente Intensivtäter. Denn die konzeptionelle Frage der Kontinuität oder des Abbruchs<br />

delinquenter Verläufe wird nur bei über einen längeren Zeitraum erfolgender<br />

wiederholter Delinquenz bedeutsam.<br />

<strong>Das</strong> Phänomen der Intensivtäter ist Teil der Trias zur grundlegenden Beschreibung<br />

der Verbreitung und Entwicklung der (Jugend-) Kriminalität und kann nur in deren<br />

Kontext verstanden werden: Ubiquität, Spontanbewährung und Intensität. Die bekanntlich<br />

jugendtypisch weite Verbreitung von ein- bis zweimaliger Dunkelfelddelinquenz<br />

(Ubiquität) zeigt sich zum Beispiel in den Befunden der seit 2002 ab dem 13.<br />

Lebensjahr laufenden Duisburger Panelstudie darin, dass bis zum 17. Lebensjahr<br />

knapp drei Viertel der Jungen und die Hälfte der Mädchen die Begehung zumindest<br />

38 Vor dem Hintergrund solcher Befundlagen folgt die in Münster und Duisburg laufende Panelstudie<br />

Jugendkriminalität in der modernen Stadt einem strukturdynamischen Analysemodell, das die Wechselwirkungen<br />

formeller Kontrollinterventionen mit der Delinquenzentwicklung und der strukturellen<br />

Einbindung in soziale Milieus in den Mittelpunkt stellt; die Daten der polizeilichen Registrierungen<br />

und Verurteilungen werden zur Zeit erhoben (Boers et al. 2002; Boers und Pöge 2003; Boers et al.<br />

2006; Boers und Reinecke 2007; An. Pöge 2007; 2007a).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!