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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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24<br />

HEINZ SCHÖCH<br />

Täter zur Tatzeit 17 oder 19 Jahre alt gewesen ist. 54 Hinzu kommt, dass die Opfer<br />

jugendlicher Täter nicht selten selbst sehr jung sind und deshalb eines gesteigerten<br />

Schutzes bedürfen, wie z.B. bei der Gruppenvergewaltigung eines jugendlichen Opfers.<br />

55<br />

Zwar wird in der Kriminalpolitik nicht ganz selten missbräuchlich Opferschutz für<br />

repressive Strategien von Strafverschärfung, Ermittlungseffizienz und dem Ende übertriebener<br />

Rücksichten auf den Straftäter“ in Anspruch genommen. Mit dem realen und<br />

berechtigten Opferschutz hat dies aber nichts zu tun. Dieser akzeptiert, dass Hauptaufgabe<br />

des Strafprozesses der Nachweis einer strafbaren Handlung des Beschuldigten<br />

und – insbesondere auch im Jugendstrafverfahren – deren angemessene Sanktionierung<br />

bleibt. Im modernen Verständnis des Opferschutzes dürfen Genugtuungsinteressen<br />

des Verletzten nicht mehr mit besonders rigiden Straferwartungen gleichgesetzt<br />

werden. Deliktsopfer wollen im Strafverfahren ernst genommen werden und persönliche<br />

Genugtuung bekommen. In der Hauptverhandlung sollen sie erfahren können,<br />

dass es hier auch um den Ausgleich ihrer persönlichen Rechtsverletzung geht und<br />

nicht nur um erzieherische Belange oder die Erfüllung staatlicher Strafzwecke.<br />

Es ist daher an der Zeit, das Klischee abzubauen, das möglicherweise durch die<br />

Aktivitäten von Eduard Zimmermann entstanden ist, der in den 70er und 80er Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts manche Aktenzeichen XY-Sendungen im ZDF mit der Bemerkung<br />

begleitete, die Justiz lasse die verhafteten Täter ohnehin wieder laufen oder<br />

bestrafe sie zu mild. Dies ist jedenfalls seit 14 Jahren nicht mehr die Rechtspolitik des<br />

WEISSEN RINGES. Es sollte auch zur Kenntnis genommen werden, dass der WEIS-<br />

SE RING bereits 1994 nachdrücklich für den Ausbau des Täter-Opfer-Ausgleichs<br />

eingetreten ist 56 und dass er keines der bedeutenden Strafverschärfungsgesetze des<br />

letzten Jahrzehntes gefordert oder unterstützt hat. Obwohl entsprechende Erwartungen<br />

von Politikern an den WEISSEN RING herangetragen worden sind, ist dies weder<br />

beim Sexualstraftäter-Bekämpfungsgesetz im Jahr 1998, noch bei den verschiedenen<br />

Gesetzen zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im allgemeinen<br />

Strafrecht und erst recht nicht beim letzten Gesetz zur Einführung der Sicherungsverwahrung<br />

im Jugendstrafrecht geschehen.<br />

Richtig verstandener Opferschutz kann also nicht als Grund für die neue Punitivität<br />

im Jugendstrafrecht bezeichnet werden.<br />

L. Beschränkte Offenheit für neue Ansätze?<br />

Da ich bereits bei der Entmythologisierung bin, wage ich noch zwei weitere Themen<br />

anzusprechen, die beispielhaft zeigen, dass möglicherweise auch ein zu starres Festhalten<br />

an überkommenen erzieherischen Konzepten und zu geringe Offenheit für neue<br />

54<br />

Böttcher Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses am 24.11.2006, S. 4.<br />

55<br />

Böttcher (o. Fn. 54), S. 5.<br />

56<br />

WEISSER RING (Hrsg.), Täterrechte – Opferrechte – neue Gewichtung im Strafprozess. 6. Mainzer<br />

Opferforum. Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern Band 12, 1994, 13 ff. mit Referaten<br />

von Schöch, Geis MdB und Meyer MdB.

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