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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KLAUS BOERS<br />

Intelligenz, Egozentrismus, Aggressivität, Erziehungsschwierigkeiten, Kriminalität<br />

oder Alkoholabusus der Eltern) nicht signifikant unterschieden (prognostiziert) werden,<br />

auch nicht anhand des frühen Beginns delinquenten Verhaltens (Early Onset).<br />

Allein bei der Hell- oder Dunkelfeldkriminalität im Jugendalter zeigten sich (geringe)<br />

signifikante Unterschiede. Die Autoren folgern hieraus, „that life-course-persistent<br />

offenders are difficult, if not impossible, to identify prospectively using a wide variety<br />

of childhood and adolescent risk factors“ (a.a.O., S. 110). Freilich kann, da hier lediglich<br />

eine ursprüngliche Insassenstichprobe untersucht wurde, keine allzu große Varianz<br />

in den Risikofaktoren erwartet werden. Gleichwohl hätten sich, den persönlichkeitsorientierten<br />

Annahmen folgend, zwischen den Extremtrajektorien der Chronics<br />

(zusammen n=103) und den frühen Desisters (n=102) signifikante Unterschiede zeigen<br />

sollen.<br />

Auch mit Blick auf den frühen Beginn delinquenten Verhaltens (Early Onset) stehen<br />

Sampson und Laub mit ihren Beobachtungen nicht alleine da. Dieser Faktor galt<br />

bislang als „one of the best predictors (or even the best predictor [...]) of the future<br />

course of the criminal career” (Farrington et al. 1990, S. 283). Er hat sich indessen<br />

auch in einigen anderen Studien als weniger aussagekräftig erwiesen, wobei man den<br />

Eindruck gewinnen kann, dass der frühe Beginn <strong>vor</strong> allem bei den (der Praxis in aller<br />

Regel allein zur Verfügung stehenden) Hellfelddaten prognostisch unbedeutender zu<br />

sein scheint. So konnten Paternoster et al. (1997, S. 256) in einer methodisch elaborierten<br />

Analyse mit 838 Entlassenen aus einer „Youth Services Training School“ keinen<br />

Effekt des Early Onset beobachten. In neuerer Zeit haben insbesondere Krohn et<br />

al. (2001, S. 81 ff.) mit den Daten der Studien aus Pittsburgh, Rochester und Montreal<br />

vierzig nach späteren Prävalenz- und Inzidenzraten, Deliktsart, Hell- und Dunkelfeldkriminalität<br />

differenzierte Verlaufsmuster untersucht, von denen jedoch nur 13 im<br />

Hinblick auf den Early Onset die erwartete statistisch signifikante Beziehung aufwiesen<br />

– die meisten in der Dunkelfeldbefragung Rochesters, die wenigsten wiederum in<br />

der Vorbestraftenbefragung Montreals, allerdings ebenso wenig in der Dunkelfelderhebung<br />

Pittsburghs. Auch in der Seattle Panelstudie zeigte sich der erwartete Effekt<br />

des Early Onset nur in den Hellfeld-, nicht jedoch in den Dunkelfelddaten (Farrington<br />

et al. 2003, S. 948 f.). Schließlich kann Thornberry (2005, S. 165) auf Grund der latenten<br />

Klassifikationsanalysen der Rochesterstudie lediglich „the modesty of the correlation<br />

between age of onset and persistence“ feststellen.<br />

Die bisherigen Befunde der persönlichkeitsorientierten Längsschnittforschung zu<br />

delinquenten Entwicklungspfaden sowie die festgestellten Anteile erklärter Varianzen<br />

der personalen Risikofaktoren sind <strong>vor</strong> allem unter heuristischen Gesichtspunkten<br />

bedeutsam. Sie geben Anlass, multivariat signifikante Faktoren sowie die Frage nach<br />

Verlaufstrajektorien weiteren Analysen zu unterziehen. Sie können indessen noch<br />

keine verlässliche empirische Grundlage für Programme der individuellen, zumal klinisch-psychologischen<br />

oder psychiatrischen Intervention im Kindes- und frühen Jugendalter<br />

liefern, wie sie allerdings in den letzten Jahren verstärkt <strong>vor</strong>geschlagen wurden<br />

(siehe <strong>vor</strong> allem die Beiträge in Loeber und Farrington 1998 und 2001; kritisch<br />

insoweit auch Sampson und Laub 2003, S. 559 m.w.N.).<br />

Die bleibende Ungewissheit sowie auch die Komplexität der Frage, was wie früh<br />

eine persistente Delinquenzentwicklung beeinflusst, hat sicherlich mit dazu beigetra-

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