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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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WIEBKE STEFFEN<br />

zubauen und die für junge Intensivtäter typische Hilfe-, Interventions- und Unterlassungskarriere<br />

gar nicht erst beginnen zu lassen oder zumindest abzubrechen.<br />

Damit stellt sich dann wieder das Problem der Prognose: Bei einer frühen Begleitung<br />

von „Risikokindern“ müssen sozusagen „Programme auf Verdacht“ durchgeführt<br />

werden – und das ist nicht nur eine Frage der Finanzierbarkeit, sondern auch eine der<br />

Schädlichkeit und Zulässigkeit, zumindest dann, wenn diese „Begleitung“ mit Eingriffsmaßnahmen<br />

verbunden ist. Wenn das jedoch nicht der Fall ist, sondern es um<br />

eine gezielte Entwicklungsförderung von Kindern und ihren Familien geht, dann sind<br />

frühe Prävention und Intervention von entscheidender Bedeutung: „Durch die Früherkennung<br />

von Gefährdungen erhöht sich die Chance, nicht erst zum Zeitpunkt einer<br />

akuten Krise zu reagieren, wenn die Folgen bereits gravierend sind … Psychosozial<br />

hochbelastete Familien benötigen langfristige, kontinuierliche Begleitung … Der Einsatz<br />

lohnt sich: Die Wirksamkeit frühpräventiver Programme für Familien mit Risikokonstellationen<br />

ist in Langzeitstudien gut belegt“ (Galm 2005, 4f.; Steffen 2008, 253).<br />

D. Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten:<br />

1. Junge Intensiv- und Mehrfachtäter sind keine „neue“ Herausforderung, die<br />

entsprechend „neue“, sprich schärfere und intensivere Maßnahmen des <strong>Jugendkriminalrecht</strong>s<br />

erforderlich macht, sondern ein „altes“ Problem mit ebenfalls<br />

„alten“, ungelösten Schwierigkeiten. Es gibt auch keine Hinweise darauf,<br />

dass diese kleine Gruppe vielfach und intensiv Straffälliger größer oder von<br />

der Qualität ihrer Straftaten her problematischer geworden wäre.<br />

2. Die „alten“ Schwierigkeiten beziehen sich nicht nur auf die bislang nicht befriedigend<br />

gelungene frühzeitige Prognose gefährdeter junger Menschen im<br />

Einzelfall mit dem Ziel, durch angemessene Interventionen und Reaktionen<br />

schon den Beginn einer möglichen „kriminellen Karriere“ zu verhindern, sondern<br />

auch auf die ebenfalls bisher ungelöste Schwierigkeit, der kleinen Gruppe<br />

vielfach und intensiv Straffälliger und den sie begleitenden Problemen mit<br />

erzieherischen Mitteln glaubwürdig und wirksam entgegen zu treten.<br />

3. Strafrechtliche Maßnahmen reichen jedenfalls nicht aus und ihre Verschärfung<br />

ist eher wenig hilfreich und auch nicht erforderlich. Auch durch die Ausweitung<br />

polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher „Intensivtäterprogramme“ sind<br />

keine dauerhaften Problemlösungen zu erreichen.<br />

4. Denn das Problem intensiver Auffälligkeit ist sozialstrukturell verankert und<br />

weist auf einen vielschichtigen Bedarf an Prävention, Hilfe und Intervention<br />

hin: Bei den jungen Intensivtätern selbst, bei ihren Familien, bei ihrem sozialen<br />

Umfeld, etwa beim Freundeskreis, bei Schulen und Ausbildungseinrichtungen,<br />

bei den Sozialsystemen insgesamt.<br />

5. Wegen der für Intensivtäter kennzeichnenden Kumulation von Risikofaktoren<br />

und „Problemkomplexität dürften die Verringerung individueller Kriminalisierungsrisiken<br />

und die Stärkung der Schutzfaktoren am ehesten gelingen,

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