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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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16<br />

HEINZ SCHÖCH<br />

In Österreich kam es immerhin zur Abschaffung des traditionsreichen Jugendgerichtshofs<br />

in Wien. In Spanien wurde die geplante Einbeziehung der Heranwachsenden<br />

in das Jugendstrafrecht suspendiert. In Spanien wurde Anfang 2006 das Jugendstrafrecht<br />

verschärft. Für 14- bis 15-Jährige wurde die maximale Jugendstrafe um ein<br />

Jahr auf 6 Jahre erhöht, bei den 16- und 17-Jährigen blieb es bei 10 Jahren.<br />

Insgesamt zeigt dieser kurze Überblick über internationale Tendenzen, dass die<br />

Verteidigung unseres bestehenden Jugendstrafrechts schwerer wird. Jedoch sollten die<br />

bisherigen Erfolge, gerade auch was die spezialpräventive Effektivität angeht, in der<br />

Lage sein, schlichte Angleichungen an repressive Tendenzen in anderen Ländern abzuwehren.<br />

D. Entwicklung der Jugendkriminalität im Hellfeld<br />

Soweit Strafverschärfungsforderungen mit der Zunahme der Jugendkriminalität begründet<br />

werden, können diese seit Ende der 90er Jahre mit dem Argument zurückgewiesen<br />

werden, dass es seither keinen wesentlichen Anstieg mehr gegeben hat. Dieses<br />

Argument ist allerdings dem Einwand ausgesetzt, dass bei kriminalpolitischen Strategien<br />

nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige Kriminalitätsentwicklungen beachtet<br />

werden müssen. Insoweit wird darauf hingewiesen, dass die polizeiliche Kriminalstatistik<br />

einen starken Anstieg der Jugendkriminalität von den 50er Jahren bis in die<br />

70er Jahre belegt. Nach einer Beruhigung in den 80er Jahren ergab sich ab Anfang der<br />

90er Jahre wiederum eine deutliche Zunahme der polizeilich registrierten Jugendkriminalität,<br />

die bis 1997 anhielt und darüber hinaus von einem deutlichen Anstieg der<br />

polizeilich registrierten Kinderkriminalität begleitet wurde. 15<br />

Allerdings entspricht der Zunahme an Tatverdächtigen seit den 60er Jahren keine<br />

entsprechende Zunahme an Verurteilten, wie z.B. das Konstanzer Inventar zur Kriminalitätsentwicklung<br />

ausweist. 16 Natürlich erklärt sich diese Divergenz zwischen Tatverdächtigen-<br />

und Verurteiltenstatistik primär durch den verstärkten Gebrauch der<br />

Diversionsmöglichkeiten des JGG (§§ 45, 47 JGG) in der Jugendstrafrechtspflege,<br />

jedoch zeigt diese Entwicklung auch, dass es sich im Wesentlichen um leichte Delikte<br />

handelt, die überwiegend von Ersttätern begangen wurden.<br />

Gleichwohl bleibt aber die Feststellung, dass 1963 noch 2,7 % der Jugendlichen<br />

und 3,5 % der Heranwachsenden von der Polizei als Täter allgemeiner Straftaten ohne<br />

Straßenverkehrsdelikte registriert wurden, 17 während es 2006 6,8 % der Jugendlichen<br />

und 7,6 % der Heranwachsenden waren. 18 Bei den männlichen Jugendlichen waren es<br />

zuletzt sogar 9,5 % und bei den Heranwachsenden 11,8 %.<br />

Soweit aus den mehr als doppelt so hohen Tatverdächtigenbelastungsziffern ein<br />

verstärktes Bedrohungspotential abgeleitet werden sollte, kann darauf hingewiesen<br />

15 H.-J. Albrecht DJT-Gutachten 2002, D 26 f.<br />

16 www.uni-konstanz.de/rtf/kik/deutsche.htm.<br />

17<br />

Kaiser Kriminologie, 3. Aufl. 1996, § 51 Rn. 4, 21.<br />

18<br />

Polizeiliche Kriminalstatistik 2006, 97.

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