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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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86<br />

WIEBKE STEFFEN<br />

Zu den gesicherten Befunden der kriminologischen Forschung dagegen, über die<br />

auch weitgehend Einigkeit besteht, gehört die Feststellung, dass die Mehrfach- und<br />

Intensivauffälligkeit regelmäßig mit (erheblichen) sozialen und individuellen Defiziten<br />

und Mängellagen verbunden ist: „Während bei der jugendtypischen Delinquenz temporäre<br />

Entwicklungsprobleme und Einflüsse der Peer-Gruppe die wichtigsten Ursachen<br />

sind, gibt es bei der schwerwiegenden und relativ dauerhaften Form wesentlich<br />

mehr Risiken“ (Lösel/Bliesener 2003, 10).<br />

Bei massiv und dauerhaft Auffälligen findet sich eine Häufung von Problemen 7 ,<br />

etwa hinsichtlich<br />

• Frühauffälligkeit,<br />

• Herkunft aus sozio-ökonomisch belasteter Familie,<br />

• gestörten Erziehungsverhältnissen – insbesondere durch erfahrene oder beobachtete<br />

familiäre Gewalt –,<br />

• materiellen Notlagen bis hin zu sozialer Randständigkeit und dauerhafter sozialer<br />

Ausgrenzung,<br />

• Schulstörungen und Schulversagen, Schulschwänzen und <strong>vor</strong>zeitiger Schulabbruch,<br />

Scheitern der beruflichen Ausbildung<br />

• Starke Orientierung an delinquenten Cliquen und Peer-Gruppen u.ä.<br />

„Schwerwiegendes und längerfristiges aggressives und delinquentes Verhalten ergibt<br />

sich aber erst dann, wenn etliche der biologischen, psychologischen und sozialen Risiken<br />

kumulieren. Im Sinne einer Kettenreaktion werden dann die sozialen Erfahrungen<br />

und psychischen Dispositionen kanalisiert und verfestigt. Zugleich verringern sich die<br />

normalen, nicht-devianten Entwicklungschancen der Jugendlichen“ (Lösel/Bliesener<br />

2003, 10; PSB 2006, 358).<br />

Bei den intensiv und dauerhaft auffälligen jungen Menschen häufen sich Risikofaktoren,<br />

während Schutzfaktoren bei ihnen entweder gänzlich fehlen oder nicht zeitgerecht<br />

zur Verfügung stehen – diese Konstellation kann als der „gemeinsame Nenner“<br />

junger Intensiv- und Mehrfachtäter gelten 8 .<br />

Soweit besteht weitgehende Einigkeit in den kriminologischen Befunden und ihrer<br />

Interpretation. Doch schon auf die Frage, wie groß denn nun dieser „kleine harte<br />

Kern“ ist, welche Anteile junge Intensivtäter an allen jungen Delinquenten und deren<br />

Delinquenz haben, gibt es keine eindeutigen Antworten mehr.<br />

<strong>Das</strong> ist nicht nur eine Folge unterschiedlicher Forschungsansätze und Erhebungsmethoden,<br />

sondern schon eine der – nicht einheitlichen – Definition „junger Intensivtäter“.<br />

Wenn von jungen Intensivtätern gesprochen und über sie geforscht – oder auf<br />

sie reagiert – wird, dann können damit junge Menschen gemeint sein, die<br />

7<br />

Siehe dazu Elsner/Steffen/Stern 1998, 203 f; Heinz 2002b, 563, 2006; Loeber 2002, 143; PSB 2006;<br />

Steffen 2008; Walter 2008, 136.<br />

8<br />

Siehe dazu auch die „Wiesbadener Erklärung“ des 12. DPT.

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