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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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JUGENDHILFE UND JUSTIZ 325<br />

Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts, eine Entscheidung über die im Einzelfall<br />

geeignete notwendige Hilfe treffen kann.<br />

§ 36 a stellt damit für das Kinder- und Jugendhilferecht klar, was im Sozialrecht im<br />

Übrigen (soweit dort die so genannte Selbstbeschaffung nicht explizit zugelassen ist)<br />

generell gilt. Ausnahmen vom Grundsatz des Verbots der Selbstbeschaffung hat der<br />

Gesetzgeber in § 36 a Abs.2 SGB VIII für die Inanspruchnahme niederschwelliger<br />

Erziehungshilfen zugelassen, jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Bedingungen der<br />

Inanspruchnahme <strong>vor</strong>ab zwischen dem Jugendamt und dem Leistungserbringer durch<br />

eine Vereinbarung geregelt sein müssen. Gegenstand der Vereinbarung können nur die<br />

Modalitäten der Erbringung solcher niederschwelliger Leistungen sein, die in das<br />

Leistungsspektrum der §§ 27 ff. einzuordnen sind. Damit behält das Jugendamt auch<br />

insoweit die generelle Steuerungsverantwortung. Die Vorschrift klärt damit die<br />

Rechtsbeziehungen im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsberechtigten,<br />

Leistungsträger und Leistungserbringer. Sie informiert den Leistungsberechtigten<br />

darüber, dass er, sofern er sich eine Leistung ohne Beteiligung des Jugendamtes<br />

unmittelbar beim Leistungserbringer selbst beschafft, im Zweifel „auf den Kosten<br />

sitzen bleibt“, die der Leistungserbringer in Rechnung stellt.<br />

3. Folgen für das Jugendstrafrecht<br />

Der damit ausgedrückte Entscheidungsprimat des Jugendamts – als der Behörde des<br />

Trägers der öffentlichen Jugendhilfe – für die Hilfesteuerung im Einzelfall betrifft<br />

rechtlich nur das Sozialleistungsverhältnis zwischen Behörde und Bürger. Faktisch hat<br />

es auch Folgen für die Inanspruchnahme von Leistungen, die (gleichzeitig) dazu dienen<br />

sollen, die Umsetzung einer Weisung zu ermöglichen. Auch die von einer solchen<br />

Maßnahme betroffenen Personen können – wenn sie nicht das Kostenrisiko tragen<br />

wollen – sich eine vom Gericht für notwendig gehaltene Hilfe – nicht selbst beschaffen,<br />

sondern bedürfen – mit der Ausnahme nach § 36a Abs.2 – dazu einer Entscheidung<br />

des Jugendamts.<br />

Im Hinblick auf das Rechtsverhältnis zwischen (Jugend- bzw. Familien-) Gericht<br />

und Jugendamt als der Behörde des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hat sich<br />

durch § 36 a SGB VIII nichts geändert, da die Rechtsordnung eine rechtliche Beziehung<br />

und damit die Möglichkeit einer gerichtlichen Anordnung gegenüber einer Behörde<br />

– außerhalb der gerichtlichen Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, die im<br />

Hinblick auf das SGB VIII den Verwaltungsgerichten anvertraut ist – nicht kennt. So<br />

bindet eine Anordnung des Familien- bzw. Jugendgerichts nach allgemeiner Auffassung<br />

nur die Person, nicht aber eine Behörde wie das Jugendamt, das Sozialamt oder<br />

die Arbeitsagentur 7 . Von daher erscheint die <strong>vor</strong> allem von Teilen der Justiz geäußerte<br />

Kritik an der Einführung des § 36a SGB VIII nicht überzeugend. Die derzeit wieder<br />

festgestellten Symptome für eine verbesserungsfähige Zusammenarbeit von Jugendhilfe<br />

und Justiz haben andere, tiefer liegende Ursachen. Deshalb erscheint es angezeigt,<br />

diesen nachzugehen.<br />

7 So auch die Justizministerkonferenz 1994, siehe dazu Strafrechtsausschuss a.a.O. Fn.4, S. 4.

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