Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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104 Kapitel 5<br />
5.5.3 Unterrichtssequenzierung<br />
Die Frage nach der optimalen Verknüpfung von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong><br />
lenkt die Aufmerksamkeit weg von den Resultaten des <strong>Wissen</strong>serwerbs hin zum Prozess<br />
des <strong>Wissen</strong>serwerbs. Hier zeigt unter anderem die Theorie der Basismodelle von Fritz Oser<br />
(Oser & Patry, 1994; Oser & Sarasin, 1995; Oser & Baeriswyl, 2001), in welcher Weise<br />
kognitive Modelle der Interaktion von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> für die<br />
Unterrichtsgestaltung von Bedeutung sein könnten.<br />
Oser unterscheidet zwischen der Sichtstruktur des Unterrichts <strong>und</strong> den Basismodellen.<br />
Das äußere Unterrichtsgeschehen bildet die Sichtstruktur. Dazu zählt das konkrete<br />
Unterrichtsmaterial, Unterrichtsumgebung, Aufteilung des Stoffs, Wahl von Einzel-,<br />
Gruppen- oder Partnerarbeit, Entscheidungen für darbietenden oder entwickelnden<br />
Unterricht <strong>und</strong> auch die Freiheitsgrade, mit denen die Kinder ihr Lernen gestalten können<br />
(Oser & Sarasin, 1995). Oser geht davon aus, dass auf dieser Ebene Lehrer viele<br />
Variationen implementieren sollten, um Abwechslung zu schaffen <strong>und</strong> um die<br />
Unterrichtsgestaltung an die Erfordernisse der jeweiligen Personengruppe <strong>und</strong> des<br />
jeweiligen Stoffs anzupassen.<br />
Hinter der Ebene der Sichtstruktur verbirgt sich nach Oser jedoch eine zweite Ebene,<br />
nämlich die der psychologischen Lernprozesse. Oser identifiziert elf qualitativ<br />
unterschiedliche <strong>und</strong> aus unterrichtswissenschaftlicher Sicht relevante Lernprozesse. Diese<br />
bezeichnet er <strong>als</strong> Basismodelle des Unterrichts. Sie lauten: (1) Lernen durch<br />
Eigenerfahrung, (2) entwicklungsförderndes <strong>und</strong> strukturveränderndes Lernen, (3)<br />
Problemlösen (entdeckendes Lernen), (4a) <strong>Wissen</strong>saufbau (Begriffsbildung), (4b)<br />
Konzeptbildung, (5) betrachtendes Lernen, (6) Lernen von Strategien, (7) Routinebildung<br />
<strong>und</strong> Training von Fertigkeiten, (8) Motilitätsmodell, (9) Lernen dynamischer Beziehungen,<br />
Lernen gemeinsamer Normen durch Partizipation (Kooperationslernen), (10) Wert- <strong>und</strong><br />
Identitätsaufbau, (11) Hypertextlernen. Oser weist darauf hin, dass Klassifizierungen<br />
gr<strong>und</strong>legender Unterrichtsprozesse nichts Neues sind. Man denke zum Beispiel an Aeblis<br />
(1983) Zwölf Gr<strong>und</strong>formen des Lehrens. Neu an Osers Ansatz ist hingegen die<br />
Hinwendung zur Frage der Unterrichtssequenzierung. Jedes der elf Basismodelle weist<br />
eine innere Logik auf, die seinen jeweiligen Ablauf bestimmt. Diese Logik ist jedoch nicht<br />
unterrichtswissenschaftlicher, sondern lernpsychologischer Natur. Beispielsweise ist für<br />
die Gestaltung von Modell 6, dem Strategieerwerb, ein kognitives Modell wichtig, das<br />
spezifiziert, woraus neue Strategien abgeleitet werden: aus verbal vermittelten<br />
Lösungsregeln oder aus memorierten Lösungsbeispielen. Modell 7 kann ein Lehrer nur<br />
effektiv in die Praxis umsetzen, wenn er die verschiedenen Phasen des kognitiven