Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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Erwerb <strong>und</strong> Abruf konzeptuellen <strong>und</strong> prozeduralen <strong>Wissen</strong>s 87<br />
5 Erwerb <strong>und</strong> Abruf konzeptuellen <strong>und</strong> prozeduralen<br />
<strong>Wissen</strong>s<br />
5.1 Wege des <strong>Wissen</strong>serwerbs<br />
Im letzten Kapitel wurde besprochen, welche Eigenschaften erworbenes konzeptuelles <strong>und</strong><br />
<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> auszeichnen. Dieses Kapitel setzt sich nun mit den spezifischen<br />
Erwerbs- <strong>und</strong> Abrufmechanismen für die beiden <strong>Wissen</strong>sarten auseinander.<br />
Theorien hierüber werden, wie schon bei der Vorstellung des Iterativen Modells<br />
erwähnt, entsprechend der Erwerbsreihenfolge, die sie postulieren, häufig in verschiedene<br />
Kategorien unterteilt (Baroody, 2003; Rittle-Johnson & Siegler, 1998; Rittle-Johnson et al.,<br />
2001): Der concepts-first view basiert auf der Annahme, dass konzeptuelles <strong>Wissen</strong> vor<br />
prozeduralem erworben <strong>und</strong> Letzteres dann aus Ersterem abgeleitet wird. Der skills-first<br />
view postuliert umgekehrte Erwerbsreihenfolge <strong>und</strong> Kausalzusammenhänge. Dem<br />
Iterativen Modell liegt die Annahme zugr<strong>und</strong>e, dass die Erwerbsreihenfolge von arbiträren<br />
Umwelteinflüssen abhängt <strong>und</strong> beide <strong>Wissen</strong>sarten sich gegenseitig positiv kausal<br />
beeinflussen. Dem simultaneous development view zufolge sind konzeptuelles <strong>und</strong><br />
<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> untrennbar miteinander verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> entwickeln sich daher stets<br />
gleichzeitig.<br />
Weitere Kategorien nennen Haapasalo {, 2000 #726} sowie Byrnes <strong>und</strong> Wasik (1991):<br />
Der inactivation view basiert auf der Annahme, dass die beiden <strong>Wissen</strong>sarten unverb<strong>und</strong>en<br />
nebeneinander stehen. Der simultaneous activation view postuliert, dass konzeptuelles<br />
<strong>Wissen</strong> eine notwendige <strong>und</strong> hinreichende Bedingung für den Erwerb prozeduralen<br />
<strong>Wissen</strong>s ist. Prozeduren könnten demnach dann, <strong>und</strong> nur dann, korrekt angewendet<br />
werden, wenn die korrekten Konzepte dahinterstehen. Der dynamic interaction view<br />
besagt, dass konzeptuelles <strong>Wissen</strong> eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für<br />
den Erwerb prozeduralen <strong>Wissen</strong>s ist. Die Prozeduren müssen zwar durch Konzepte<br />
f<strong>und</strong>iert werden, können jedoch nicht automatisch aus ihnen abgeleitet werden <strong>und</strong> müssen<br />
zusätzlich unterrichtet werden. Der genetic view schließlich postuliert, dass konzeptuelles<br />
<strong>Wissen</strong> nur dann erworben werden kann (jedoch nicht automatisch erworben wird), wenn<br />
schon <strong>prozedurales</strong> vorhanden ist. Er postuliert <strong>als</strong>o genau die umgekehrte<br />
Erwerbsrichtung wie der dynamic interaction view.<br />
Haapasalo <strong>und</strong> Kadjievich {, 2000 #726} weisen darauf hin, dass der simultaneous<br />
activation view <strong>und</strong>, vor allem, der dynamic interaction view in der pädagogischen Praxis<br />
viele Anhänger haben. Die Annahme, dass konzeptuelles <strong>Wissen</strong> notwendige aber nicht<br />
hinreichende Bedingung für den Erwerb prozeduralen <strong>Wissen</strong>s ist, lässt sich gut zur