Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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26 Kapitel 2<br />
Erwerb mathematischer Konzepte <strong>und</strong> Prozeduren von besonderem Interesse sind <strong>und</strong> wie<br />
diese Fragen methodisch bisher angegangen wurden: (1) Wie hängen konzeptuelles <strong>und</strong><br />
<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> an einem Messzeitpunkt qualitativ zusammen <strong>und</strong> wie hoch sind sie<br />
quantitativ korreliert? (2) Welche deskriptive Erwerbsreihenfolge lässt sich für die beiden<br />
<strong>Wissen</strong>sarten in Querschnitts- <strong>und</strong> Längsschnittsstudien beobachten <strong>und</strong> welche<br />
Erwerbsreihenfolge ist Trainingsstudien zufolge optimal? (3) Welche Kausalrelationen<br />
fördern längsschnittliche Studien <strong>und</strong> kontrollierte Experimente zu Tage?<br />
Rittle-Johnson <strong>und</strong> Siegler ziehen allerdings das Fazit, dass zur Zeit ihres Reviews<br />
keine dieser Fragen befriedigend beantwortet werden kann, da die vorliegenden Studien<br />
größeren methodischen Einschränkungen unterliegen.<br />
Der gravierendste Mangel ist, dass – trotz des Vorliegens einiger interessanter<br />
Trainingsstudien – noch kein Experiment mit Treatment- <strong>und</strong> Kontrollgruppen sowie einer<br />
Randomisierung der Studienteilnehmer auf diese Gruppen durchgeführt wurde. Die<br />
prädiktiven Beziehungen zwischen konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> in<br />
Längsschnittstudien könnten aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Randomisierung mit anderen<br />
Einflüssen, zum Beispiel von Intelligenz <strong>und</strong> Motivation, konf<strong>und</strong>iert sein <strong>und</strong> liefern<br />
daher weniger valide Evidenz für Kausalbeziehungen zwischen den <strong>Wissen</strong>sarten <strong>als</strong><br />
Experimente liefern könnten. Außerdem liegen bislang lediglich die Bef<strong>und</strong>e einer<br />
einzigen Längsschnittstudie vor.<br />
Die Bef<strong>und</strong>e zur Erwerbsreihenfolge der <strong>Wissen</strong>sarten unterliegen darüber hinaus<br />
einer weiteren Einschränkung: Wenn Kinder einer Altersstufe eine Aufgabenart lösen<br />
können, die konzeptuelles <strong>Wissen</strong> operationalisieren soll, <strong>und</strong> eine Aufgabenart nicht lösen<br />
können, die <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> operationalisieren soll, so gibt das nicht zwangsläufig<br />
Aufschluss über die Verteilung ihres <strong>Wissen</strong>s. Die Ergebnisse könnten alternativ auch<br />
durch unterschiedliche Schwierigkeiten der beiden Aufgabentypen erklärt werden:<br />
Leichtere Aufgaben können schon von jüngeren Kindern gelöst werden, schwierigere erst<br />
von älteren.<br />
Die häufig gef<strong>und</strong>enen positiven Korrelationen zwischen konzeptuellem <strong>und</strong><br />
prozeduralem <strong>Wissen</strong> geben wegen der potenziellen Konf<strong>und</strong>ierung mit anderen <strong>Variablen</strong><br />
kaum Auskunft über die tatsächlichen Beziehungen zwischen den <strong>Wissen</strong>sarten.<br />
Intelligentere Kinder könnten zum Beispiel mehr <strong>Wissen</strong> beider Arten erworben haben <strong>als</strong><br />
weniger intelligente – bei gleichzeitiger Unabhängigkeit der <strong>Wissen</strong>sarten voneinander.<br />
Dass solche Erklärungen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt der oben berichtete<br />
Bef<strong>und</strong> von Byrnes <strong>und</strong> Wasik (1991): Die ursprünglich gef<strong>und</strong>ene Korrelation zwischen<br />
den <strong>Wissen</strong>sarten verschwand, wenn sie das Alter der Kinder kontrollierten.