Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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Die Unterscheidung von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> 79<br />
Antworten berechnet. Anhand dieser Beobachtung kritisiert Star, dass die Vielschichtigkeit<br />
<strong>und</strong> Komplexität prozeduralen <strong>Wissen</strong>s in der Forschung häufig unterschätzt wird.<br />
Prozedurales <strong>Wissen</strong> wird oft <strong>als</strong> eindimensional <strong>und</strong> oberflächlich beschrieben, was Star<br />
für unangemessen hält.<br />
Während diese Kritik auf die pädagogisch-psychologische Forschung zu<br />
konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> sicherlich zutrifft, ignoriert sie die vielfältigen<br />
Erhebungsmethoden für <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong>, die im Rahmen kognitionspsychologischer<br />
Experimente entwickelt wurden. Interessante Überblicke hierüber geben Jonides, Naveh-<br />
Benjamin <strong>und</strong> Palmer (1985) sowie Royer, Cisero <strong>und</strong> Carlo (1993). Vor allem Letztere<br />
verdeutlichen die potenzielle Mehrdimensionalität <strong>und</strong> Komplexität prozeduralen <strong>Wissen</strong>s<br />
eindringlich, indem sie eine differenzierte Klassifikation von verschiedenen<br />
Operationalisierungsmöglichkeiten aufstellen.<br />
Im Folgenden sollen nur vier der wichtigsten Operationalisierungen prozeduralen<br />
<strong>Wissen</strong>s vorgestellt werden. Da in der Forschung zu konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem<br />
<strong>Wissen</strong> vorwiegend eine einzige Operationalisierung (die Problemlöseleistung) benutzt<br />
wird, sind die drei anderen Maße (Problemlösedauer, Zugriffsasymmetrie <strong>und</strong> dual task-<br />
Kosten) kognitionspsychologischen Studien zum Erwerb prozeduralen <strong>Wissen</strong>s<br />
entnommen. Bei den vier Maßen handelt es sich um die Problemlöseleistung, die<br />
Problemlösedauer, die Zugriffsasymmetrie <strong>und</strong> die Dual task-Kosten.<br />
Problemlöseleistung bei Routineproblemen<br />
Da <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> die Voraussetzung für das erfolgreiche Lösen von Problemen ist,<br />
liegt es nahe, <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> über die Problemlöseleistung von Probanden zu<br />
operationalisieren. Dieser Weg stellt, wie oben beschrieben, in der Forschung zu<br />
konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> den Standard dar, <strong>und</strong> wurde beispielsweise von<br />
Byrnes <strong>und</strong> Wasik (1991), Canobi et al. (1998), sowie Rittle-Johnson <strong>und</strong> Alibali (1999)<br />
gewählt. Letztere untersuchten <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> über mathematische<br />
Äquivalenzprobleme <strong>und</strong> legten ihren Vpn daher solche Probleme, wie „5 + 4 + 3 = 5 +<br />
__“, vor, wobei die Vpn jeweils die fehlende Zahl ergänzen sollten.<br />
Wie in Unterkapitel 5.2 besprochen wird, könnte es möglich sein, dass man<br />
<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> ad hoc aus konzeptuellem ableiten kann, um ein neues Problem zu<br />
lösen. In der ACT-Theorie des Fähigkeitserwerbs wird dieses Phänomen <strong>als</strong> erste von drei<br />
Phasen des Fähigkeitserwerbs aufgefasst <strong>und</strong> <strong>als</strong> deklarative Phase bezeichnet. In der<br />
Praxis kann man das Phänomen beobachten, wenn Schüler vom Lehrer erst Instruktionen<br />
darüber erhalten, wie man eine neue Aufgabenart, z.B. quadratische Gleichungen, lösen