Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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58 Kapitel 4<br />
beschreibt sie, dass <strong>Wissen</strong>sarten nur schlecht geeignete Konstrukte sind, um die<br />
beobachteten Prozesse zu erklären, <strong>und</strong> beschreibt die Unterscheidung unterschiedlicher<br />
<strong>Wissen</strong>sarten <strong>als</strong> unnötigerweise in Lernprozesse hineininterpretiert (von Aufschnaiter, in<br />
Vorbereitung).<br />
Auch wenn Cobb <strong>und</strong> Greeno eine ausgesprochen theoretische Perspektive einnehmen<br />
<strong>und</strong> von Aufschnaiter eine angewandt-didaktische, ist ihr Gr<strong>und</strong>argument doch das<br />
Gleiche: Die <strong>Wissen</strong>sarten lassen sich anhand des Lernerverhaltens nicht differenzieren.<br />
Da wissenschaftstheoretisch gesehen nur solche theoretischen Konstrukte verwendet<br />
werden sollten, die zur Erklärung empirischer Phänomene unabdingbar sind (Poser, 2001,<br />
S. 48ff), sollte man in diesem Fall auf die Annahme unterschiedlicher <strong>Wissen</strong>sarten<br />
verzichten.<br />
Das Prinzip, nach dem eine wissenschaftliche Theorie so viele empirische<br />
Beobachtungen wie möglich durch so wenige theoretische Annahmen wie möglich<br />
erklären sollte, wird auch <strong>als</strong> Ockams Rasiermesser bezeichnet: Alle überflüssigen<br />
Annahmen einer Theorie sollen rigoros „weggeschnitten“ werden. Die Frage ist <strong>als</strong>o: Gibt<br />
es empirische Phänomene, die ohne die Annahme zweier <strong>Wissen</strong>sarten nicht erklärt<br />
werden können?<br />
4.3.3 Kritik an der Undifferenziertheit der Unterscheidung<br />
Einige Forscher, vor allem kognitiv orientierte, kritisieren die Unterscheidung aus einer<br />
entgegengesetzten Perspektive: Sie meinen nicht, dass die Unterscheidung zweier<br />
<strong>Wissen</strong>sarten unnötig sei, sondern dass sie zu <strong>und</strong>ifferenziert sei, weil es empirische<br />
Evidenz für eine Vielzahl unterschiedlicher <strong>Wissen</strong>sarten gibt.<br />
Lars Nyberg (1994) fand durch konfirmatorische Faktoranalysen, dass 14 Maße des<br />
deklarativen Gedächtnisses zwei verschiedene Faktoren bilden, die <strong>als</strong> semantischdeklarative<br />
<strong>und</strong> episodisch-deklarative Gedächtnisleistung interpretiert werden können.<br />
Die Daten einer komplexen Folgeuntersuchung (Nyberg et al., 2003) legte sogar nahe, dass<br />
diese beiden Faktoren ihrerseits jeweils aus zwei Unterfaktoren bestehen.<br />
Für <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> liegen ähnliche Bef<strong>und</strong>e vor. Wie oben besprochen, ist die<br />
Automatisierung eine von mehreren wichtigen Eigenschaften prozeduralen <strong>Wissen</strong>s.<br />
Verschiedene Autoren fanden jedoch sehr niedrige Korrelationen zwischen verschiedenen<br />
Maßen der Automatisierung (Besner, Stolz, & Boutilier, 1997; Kahneman & Chajczyk,<br />
1983; Paap & Ogden, 1981; Regan, 1981; Strayer & Kramer, 1990). Da hierbei keine<br />
konfirmatorischen Faktoranalysen durchgeführt wurden, ist bisher unklar, ob <strong>prozedurales</strong><br />
<strong>Wissen</strong> ein mehrdimensionales oder ein hierarchisches Konstrukt darstellt oder ob die