Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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Die Unterscheidung von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> 61<br />
Diese Argumentation lässt sich auch auf Punkt 3 anwenden: Wenn man voraussetzt,<br />
dass in einer Studie ein Maß konzeptuellen <strong>und</strong> ein Maß prozeduralen <strong>Wissen</strong>s verwendet<br />
wurden, geben unterschiedliche Reaktionen der Maße auf Interventionen sicherlich einen<br />
Hinweis auf unterschiedliche Eigenschaften von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong>.<br />
Aber wenn man aus der Tatsache, dass verschiedene Maße unterschiedlich auf ein<br />
Treatment reagieren, auf die Vorhandenheit von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong><br />
schließen will, müsste man sie theoriegeleitet so auswählen, dass sie nicht nur anzeigen,<br />
dass zwei unterschiedliche Konstrukte vorliegen, sondern dass sie zwei unterschiedliche<br />
Konstrukte messen, die genau die Eigenschaften haben, über die konzeptuelles <strong>und</strong><br />
<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> definiert sind.<br />
Wie oben erläutert, ist die einzige vorliegender Studie, bei der eine theoriegeleitete<br />
Auswahl der Maße benutzt wurde, die von Rittle-Johnson et al. (2001). Diese liefert jedoch<br />
keinen experimentellen Nachweis der Unterschiedlichkeit von konzeptuellem <strong>und</strong><br />
prozeduralem <strong>Wissen</strong>. Im Gegenteil: Die eingesetzten Maße reagierten entgegen der<br />
Erwartungen nicht unterschiedlich auf das Treatment. Setzt man voraus, dass es die<br />
<strong>Wissen</strong>sarten gibt <strong>und</strong> dass sie durch die Maße erhoben wurden, belegt die Studie, dass die<br />
<strong>Wissen</strong>sarten miteinander korreliert sind <strong>und</strong> sich wechselseitig über die Zeit hinweg<br />
positiv beeinflussen. Dass es wirklich zwei <strong>Wissen</strong>sarten gibt, belegt die Studie jedoch<br />
nicht, sondern sie setzt es – wie die anderen empirischen Studien zu dem Forschungsfeld –<br />
voraus.<br />
4.4.3 Bef<strong>und</strong>e aus der Gedächtnisforschung<br />
Schacter (1987) beschreibt in einem historischen Überblick, dass schon die Philosophen<br />
Descartes <strong>und</strong> Leibniz darauf hingewiesen haben, dass es neben dem bewussten Erinnern<br />
auch eine unbewusste Form des Erinnerns gibt, die sich im Verhalten zeigt. Tatsächlich<br />
wurden solche Prozesse ab der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts empirisch<br />
untersucht. Sie inspirierten psychoanalytische ebenso wie neurologische <strong>und</strong><br />
experimentalpsychologische Arbeiten (z.B. Thorndike & Rock, 1934). Insbesondere die<br />
experimentalpsychologische Gedächtnisforschung hat dieses Phänomen <strong>und</strong> die<br />
Bedingungen, unter denen es auftritt, inzwischen ausgiebig untersucht <strong>und</strong> beispielsweise<br />
gezeigt, dass Probanden eine einmal auswendig gelernte Liste beim zweiten Mal schneller<br />
auswendig lernen, auch dann, wenn sie sich zwischendurch an kein einziges Element der<br />
Liste bewusst erinnern konnten (Nelson, 1978). Probanden können die syntaktische<br />
Korrektheit von Ausdrücken einer künstlichen Sprache nach einer Lernphase teilweise<br />
auch dann beurteilen, wenn ihnen die syntaktischen Regeln der Sprache nicht bewusst sind<br />
(Reber, 1989). Vergleichbare Effekte wurden in so unterschiedlichen Paradigmen wie