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Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...

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96 Kapitel 5<br />

Konzeptwissen häufig über Interviewdaten erheben, die naturgemäß wenig Aufschluss<br />

über den Ablauf kognitiver Mechanismen geben.<br />

Auf die zahlreichen kognitiven Experimente, zum Beispiel auch Säuglingsstudien,<br />

zum Kategorielernen kann an dieser Stelle nur hingewiesen werden, da die vorliegende<br />

Arbeit auf den Erwerb komplexerer Konzepte in Unterrichtskontexten fokussiert.<br />

Prozedurales <strong>Wissen</strong><br />

Wie beschrieben, basiert der Ansatz von Karmiloff-Smiths auf der Idee, dass Kinder zuerst<br />

<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> direkt, das heißt ohne den „Umweg“ über konzeptuelles <strong>Wissen</strong>,<br />

erwerben. Sun, Merill <strong>und</strong> Peterson (2001) knüpfen beim Entwurf ihres bottom-up models<br />

of skill learning namens Clarion unter anderem auch an Karmiloff-Smiths Theorie an. In<br />

Clarion werden erfolgreiche Prozeduren mittels trial-and-error-Lernens identifiziert. Das<br />

so gewonnene prozedurale <strong>Wissen</strong> wird in einem neuronalen Netzwerk gespeichert. Da das<br />

Modell auf mathematischen Lernalgorithmen aus der Künstlichen Intelligenz-Forschung<br />

beruht, ist seine psychologische Validität unklar. Sun <strong>und</strong> Kollegen weisen jedoch darauf<br />

hin, dass ihr Modell gut geeignet ist, um einige empirisch beobachtete Phänomene des<br />

impliziten Lernens komputational zu erklären.<br />

Auch die ACT-Theorie impliziert in ihrer aktuellen Form die Möglichkeit, dass<br />

konzeptuelles <strong>Wissen</strong> ohne <strong>prozedurales</strong> erworben werden kann. Insbesondere die<br />

Experimente von Anderson <strong>und</strong> Fincham (1994) sowie Anderson, Fincham <strong>und</strong> Douglass<br />

(1997) belegen detailliert, dass <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> aus deklarativ gespeicherten<br />

Lösungsbeispielen für eine Aufgabe abgeleitet werden kann. Durch Analogieschlüsse<br />

können diese Lösungsbeispiele dann auf neue Aufgaben desselben Typs übertragen<br />

werden. Lösungsbeispiele stellen zwar deklaratives <strong>Wissen</strong> dar, nicht jedoch konzeptuelles<br />

<strong>Wissen</strong>, da sie weder abstrakte, noch allgemeingültig, noch vernetzt sind. Der<br />

vorgeschlagene Mechanismus erklärt <strong>als</strong>o, wie <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> unabhängig von<br />

konzeptuellem erworben werden kann.<br />

Da Anderson <strong>und</strong> Kollegen unterschiedliche Speicher- <strong>und</strong> Vergessensprozesse für<br />

deklaratives <strong>und</strong> <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> postulieren, besteht zusätzlich sogar die<br />

Möglichkeit, dass permanentes <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> unabhängig von permanentem<br />

deklarativen <strong>Wissen</strong> erworben wird, nämlich dann, wenn neue Prozeduren wiederholt aus<br />

deklarativen Lösungsbeispielen oder deklarativen Instruktionen abgeleitet werden, die sich<br />

lediglich temporär im Arbeitsgedächtnis befinden. Wird eine solche Prozedur mehrfach<br />

geübt, kann sie in das prozedurale Langzeitgedächtnis übernommen werden, auch wenn

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