Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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218 Kapitel 10<br />
Die Vermittlung prozeduralen <strong>Wissen</strong>s<br />
Letzterer Bef<strong>und</strong> ist aus zwei Gründen wichtig. Zum einen belegt er, dass die<br />
Unterscheidung von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> sinnvoll ist. Ohne die<br />
Unterscheidung kann nur schwer erklärt werden, warum die Maße prozeduralen <strong>Wissen</strong>s<br />
systematisch anders auf das Treatment reagierten <strong>als</strong> die Maße konzeptuellen <strong>Wissen</strong>s.<br />
Zum anderen stellt der Besitz prozeduralen <strong>Wissen</strong>s ohne das dazugehörige konzeptuelle<br />
<strong>Wissen</strong> kein optimales Unterrichtsziel dar (vgl. Abschnitt 5.5.2). Die Bef<strong>und</strong>e zeigen, dass<br />
dieser Zustand tatsächlich auftreten kann, was angesichts der hohen Korrelationen<br />
zwischen den <strong>Wissen</strong>sarten in Studie 1 keine Selbstverständlichkeit darstellt. Bei der<br />
Unterrichtsgestaltung ist <strong>als</strong>o darauf zu achten, diesen Zustand zu vermeiden.<br />
Die Vermittlung konzeptuellen <strong>Wissen</strong>s<br />
Die Intervention, die den Hypothesen zufolge konzeptuelles <strong>Wissen</strong> hätte vermitteln<br />
sollen, dauerte im Gruppendurchschnitt signifikant länger (21 statt 14 Minuten) <strong>als</strong> die<br />
Intervention, die <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> vermitteln sollte. Das war nicht beabsichtigt <strong>und</strong><br />
wurde in der Vorstudie so nicht beobachtet. Eine Ursache für die Unterschiede zwischen<br />
Vor- <strong>und</strong> Hauptstudie könnte sein, dass Kinder mit wenig Vorwissen in der Vorstudie sich<br />
wegen der durchgängigen individuellen Betreuung durch den Versuchsleiter bemühten<br />
über alle Aufgaben nachzudenken, während Kinder mit wenig Vorwissen sich in der<br />
Hauptstudie, die <strong>als</strong> Gruppenuntersuchung durchgeführt wurde, öfter einfach durch die<br />
Aufgaben durchklickten, ohne überhaupt nach den richtigen Antworten zu suchen. Dass<br />
Kinder mit geringem Vorwissen diese Bearbeitungsstrategie benutzten, ist aus Studie 1<br />
bekannt <strong>und</strong> zeigt sich auch in Studie 2 an den unerwarteterweise positiven Korrelationen<br />
zwischen der Lösungsrate <strong>und</strong> Lösungsdauer bei den Zahlenstrahlaufgaben in den<br />
<strong>Wissen</strong>stests.<br />
Angesichts der Richtung der Gruppenunterschiede in den <strong>Wissen</strong>szuwächsen<br />
behindern die unterschiedlichen Interventionsdauern die Interpretation jedoch nicht,<br />
sondern fördern sie sogar. Bemerkenswerterweise hat nämlich die Gruppe, die<br />
konzeptuelles <strong>Wissen</strong> erwerben sollte, das aber nicht tat, eine längere Intervention erhalten,<br />
<strong>als</strong> die Gruppe, die <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> erhalten sollte <strong>und</strong> auch tatsächlich erwarb. Dass<br />
die zeitlich kürzere Intervention effektiv wirkte, während die zeitlich längere ohne<br />
messbare Auswirkungen blieb, deutet darauf hin, dass <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> wesentlich<br />
leichter zu vermitteln <strong>und</strong> zu erwerben ist <strong>als</strong> konzeptuelles.<br />
Dieser Bef<strong>und</strong> steht im Einklang damit, dass die interindividuellen Unterschiede im<br />
konzeptuellen <strong>Wissen</strong> stabiler waren <strong>als</strong> die interindividuellen Unterschiede im