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Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...

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Die Unterscheidung von konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> 63<br />

Nachfolgend entbrannte eine Debatte darüber, ob Prozesstheorien oder multiple<br />

memory systems-Ansätze Dissoziationen zwischen explizitem <strong>und</strong> implizitem Lernen<br />

besser erklären können. Mitchell (1989; Mitchell, Brown, & Murphy, 1990) fand in<br />

entwicklungspsychologischen Studien mit Erwachsenen, dass Maße der prozeduralen, der<br />

semantischen <strong>und</strong> der episodischen Gedächtnisleistung sich im Querschnitt unterschiedlich<br />

entwickeln. Mit Hilfe einer explorativen Faktoranalyse konnte er darüber hinaus zeigen,<br />

dass elf unterschiedliche Gedächtnismaße drei Faktoren bilden, die der tulvingschen<br />

Theorie gut entsprechen.<br />

Fast gleichzeitig wurden jedoch auch neue Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Interpretationen älterer Daten<br />

berichtet, die darauf hindeuten, dass Dissoziationen zwischen prozeduralen, semantischen<br />

<strong>und</strong> episodischen Maßen besser durch prozesstheoretische Annahmen <strong>als</strong> durch die<br />

Annahme unterschiedlicher Gedächtnissysteme erklärt werden (z.B. Blaxton, 1989;<br />

Humphreys, Bain, & Pike, 1989).<br />

Dass heute trotz der Uneindeutigkeit der experimentalpsychologischen Evidenz<br />

weitgehende Einigkeit über die Existenz multipler Gedächtnissysteme herrscht, liegt an<br />

überzeugenden Bef<strong>und</strong>en aus der neurologischen Forschung.<br />

4.4.4 Neuropsychologische Evidenz<br />

In der neurologischen Forschung spricht man, wie auch in der Gedächtnisforschung, eher<br />

von Gedächtnissystemen <strong>als</strong> von <strong>Wissen</strong>sarten. Der Begriff des Gedächtnissystems<br />

verdeutlicht, dass die Existenz unterschiedlicher <strong>Wissen</strong>sarten überhaupt nur dann sinnvoll<br />

angenommen werden kann, wenn man zugleich unterschiedliche<br />

Verarbeitungsmechanismen für die <strong>Wissen</strong>sarten postuliert (Anderson, 1978). In diesem<br />

Sinne geben Bef<strong>und</strong>e über <strong>Wissen</strong>sarten <strong>und</strong> ihre Eigenschaften immer auch Aufschluss<br />

über die Architektur der Psyche <strong>als</strong> informationsverarbeitendem System (Anderson, 1983).<br />

<strong>Wissen</strong> hat außerdem per definitionem einen semantischen Gehalt, d.h. es ist<br />

bedeutungshaltig. Bedeutungen lassen sich, <strong>als</strong> immaterielle Konstrukte, nicht mit den<br />

Methoden der Neuroforschung untersuchen. Gedächtnissysteme können hingegen sowohl<br />

auf einer kognitiv-semantischen <strong>als</strong> auch auf einer neurologisch-materiellen Ebene<br />

untersucht <strong>und</strong> beschrieben werden. Der Begriff des Gedächtnissystems ist daher nicht nur<br />

umfassender <strong>als</strong> der Begriff der <strong>Wissen</strong>sart, sondern er eröffnet zugleich eine<br />

interdisziplinäre Perspektive.<br />

Squire beschreibt wie innerhalb der Neurowissenschaften die Bef<strong>und</strong>e aus drei<br />

verschiedenen Forschungssträngen zu der Einsicht, dass tatsächlich unterschiedliche<br />

Gedächtnissysteme existieren, konvergierten:

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