Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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40 Kapitel 3<br />
konzeptuelles <strong>und</strong> <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong>. Sie können aber so schnell <strong>und</strong> effizient<br />
ineinander umgewandelt werden, dass experimentell induzierte Dissoziationen zwischen<br />
ihnen empirisch nicht nachgewiesen werden konnten. (3) Die <strong>Wissen</strong>sarten existieren,<br />
lassen sich gr<strong>und</strong>sätzlich differenziell beeinflussen, was im Experiment aufgr<strong>und</strong> einer<br />
ungeeigneten Treatmentsauswahl jedoch nicht geschah. (4) Die <strong>Wissen</strong>sarten existieren,<br />
wurden durch das Treatment in die erwartungsgemäßen Richtungen beeinflusst, was<br />
jedoch aufgr<strong>und</strong> ungeeigneter Operationalisierungen nicht nachgewiesen werden konnte.<br />
Gründe 2 bis 4 könnten auch gemeinsam auftreten, Gr<strong>und</strong> 1 hingegen nur alleine. Welche<br />
der Gründe zutreffen, lässt sich aus den in der Studie gewonnenen Daten nicht ableiten.<br />
Das deutet keineswegs auf methodische Defizite der Studie hin. Die Studie stellt vielmehr<br />
das einzige randomisierte Experiment mit Kontrollgruppe dar, das in der Literatur zu<br />
konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> berichtet wird. Zudem werden Summenscores<br />
statt dichotomer Items zur Operationalisierung der <strong>Wissen</strong>sarten benutzt <strong>und</strong> es werden<br />
zwei unterschiedliche Indikatoren für jede <strong>Wissen</strong>sart herangezogen. Dass diese<br />
methodisch <strong>als</strong>o sehr sorgfältig gestaltete Studie zu so schwer interpretierbaren<br />
Ergebnissen kommt, wirft die Frage auf, wie produktiv die Unterscheidung von<br />
konzeptuellem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong> <strong>als</strong> zwei verschiedenen Konstrukten wirklich ist.<br />
Bei allen Einschränkungen hat die Studie jedoch auch einen wirklich neuen Bef<strong>und</strong><br />
geliefert: Die Kinder mit der konzeptuellen Intervention zeigten im Posttest einen besseren<br />
Transfer von Prozeduren auf neue Probleme <strong>als</strong> die Kinder in der prozeduralen Gruppe.<br />
Die Idee, dass konzeptuelles <strong>und</strong> <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> unterschiedlich transferfähig sind,<br />
wird schon in der oben wiedergegebenen Definition der <strong>Wissen</strong>sarten erwähnt (siehe Seite<br />
36f). Sie bildet auch die Gr<strong>und</strong>idee hinter der Operationalisierung der <strong>Wissen</strong>sarten in der<br />
zweiten <strong>und</strong> dritten von Rittle-Johnson <strong>und</strong> Kollegen zur Überprüfung des Iterativen<br />
Modells durchgeführten Studie.<br />
3.3 Die Dezimalbruchstudie<br />
Rittle-Johnson, Siegler <strong>und</strong> Alibali (2001) maßen zunächst das konzeptuelle <strong>und</strong> das<br />
prozedurale <strong>Wissen</strong> von 74 Fünft- <strong>und</strong> Sechstklässlern über Dezimalbrüche vor <strong>und</strong> nach<br />
vier zweiphasigen Interventionen, die sich in der ersten, nicht aber in der zweiten Phase<br />
unterschieden. Sie analysierten dann, wie die interindividuellen Vorwissensunterschiede<br />
der Kinder in Interaktion mit der Intervention die Zuwächse an konzeptuellem <strong>und</strong><br />
prozeduralem <strong>Wissen</strong> determinieren.<br />
Für die Intervention wurden die Kinder nach dem Prätest randomisiert einer von vier<br />
Treatmentgruppen zugewiesen. Die Mitglieder dieser Gruppen erhielten während der<br />
ersten Interventionsphase in Einzelsitzungen analog zu dem Treatment aus Rittle-Johnson