Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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72 Kapitel 4<br />
Gesamtproduktion weniger Arbeitsgedächtniskapazität <strong>als</strong> die Einzelproduktionen.<br />
Außerdem setzt sie nur einen Patternmachtingprozess <strong>und</strong> nicht wie die<br />
Einzelproduktionen eine Serie von Matchings voraus <strong>und</strong> kann daher schneller ausgeführt<br />
werden <strong>als</strong> die Einzelproduktionen. Die Kosten dafür liegen auf der Hand: Die<br />
Gesamtproduktion ist wesentlich unflexibler <strong>als</strong> die frei miteinander kombinierbaren<br />
Einzelproduktionen. Weil sie die Bedingungsteile vieler Einzelproduktionen enthält,<br />
müssen viele Bedingungen erfüllt sein, damit die Gesamtproduktion angewendet werden<br />
kann.<br />
Die Kodierung prozeduralen <strong>Wissen</strong>s bezeichnet Anderson auch <strong>als</strong> Kompilierung.<br />
Dabei wird das <strong>Wissen</strong> mental in einem Zustand gespeichert, der eine besonders schnelle<br />
<strong>und</strong> effiziente Ausführbarkeit ermöglicht. <strong>Wissen</strong> in diesem Zustand lässt jedoch nicht<br />
oder kaum introspektiv einsehen, bewusst transformieren <strong>und</strong> verbalisieren. Der Prozess<br />
der <strong>Wissen</strong>skompilierung ist eng mit dem der Automatisierung (Schneider & Shiffrin,<br />
1977; Shiffrin & Schneider, 1977) verb<strong>und</strong>en.<br />
Andersons Theorie erklärt <strong>als</strong>o durch die Annahme von miteinander verschmelzbaren<br />
Produktionsregeln unter anderem, warum <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> einerseits schnell, effizient<br />
<strong>und</strong> zielgerichtet ausgeführt werden kann, andererseits jedoch oft implizit <strong>und</strong> unflexibel<br />
ist (vgl. auch die Darstellung der ACT-Theorie in Unterkapitel 5.2).<br />
Einen alternativen Erklärungsansatz für den Erwerb prozeduralen automatisierten<br />
<strong>Wissen</strong>s gibt die instance theory von Logan (1988; 1992; Logan, Taylor, & Etherton,<br />
1999). Sie basiert auf der Annahme, dass jede bearbeitete Aufgabe im Langzeitgedächtnis<br />
gespeichert wird – bei der Erstbegegnung durch Anlegen einer neuen Gedächtnisspur, bei<br />
weiteren Begegnungen durch Stärkung dieser Spur. Bei der Lösung neuer Aufgaben<br />
greifen Menschen anfangs auf bewusste Rechenregeln zurück. Sobald ihnen jedoch eine<br />
Aufgabe präsentiert wird, für die schon eine Gedächtnisspur existiert, rufen sie die richtige<br />
Lösung direkt aus dem Langzeitgedächtnis ab. Logan kann mit diesen Annahmen einige<br />
Eigenschaften prozeduralen <strong>Wissen</strong>s mit weniger Gr<strong>und</strong>annahmen <strong>als</strong> die ACT-Theorie<br />
benötigt erklären. So erklären sowohl die ACT-Theorie <strong>als</strong> auch die instance theory das<br />
power law of practice (Newell & Rosenbloom, 1981), <strong>als</strong>o das exponentielle Absinken von<br />
Lösungszeiten in Abhängigkeit vom Ausmaß der Übung. Rickard (1997) sowie Anderson<br />
<strong>und</strong> Fincham (1994) konnten jedoch durch gezielte Variationen von Trainingsaufgaben<br />
Lerneffekte erzielen, die nicht oder nur bei komplexen ad hoc-Annahmen mit der instance<br />
theory zu vereinbaren sind.