Konzeptuelles und prozedurales Wissen als latente Variablen: Ihre ...
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Erwerb <strong>und</strong> Abruf konzeptuellen <strong>und</strong> prozeduralen <strong>Wissen</strong>s 89<br />
In Veröffentlichungen über konzeptuelles <strong>und</strong> <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> werden nur<br />
sporadisch Vermutungen über mögliche <strong>Wissen</strong>sverarbeitungsmechanismen geäußert. Ein<br />
vollständiger <strong>und</strong> systematischer Überblick fehlt. Theorien über ähnliche Paare von<br />
<strong>Wissen</strong>sarten treffen hingegen detailliertere Annahmen. Darum werden in den folgenden<br />
beiden Abschnitten zunächst zwei der wichtigsten dieser dual component-Theorien<br />
dargestellt: die ACT-R-Theorie über deklaratives <strong>und</strong> <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> <strong>und</strong> die Theorie<br />
der representational redescription über implizites <strong>prozedurales</strong> <strong>und</strong> explizites konzeptuelles<br />
<strong>Wissen</strong>. Anschließend werden die darin <strong>und</strong> in den Publikationen über konzeptuelles <strong>und</strong><br />
<strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> beschriebenen Mechanismen in einem dritten Abschnitt<br />
zusammengefasst.<br />
5.2 Die ACT-Theorie<br />
Die ACT-Theorie von John R. Anderson (1976; 1983; 1990; 1993; Anderson & Lebiere,<br />
1998) basiert auf der Unterscheidung von deklarativem <strong>und</strong> prozeduralem <strong>Wissen</strong>: „There<br />
are good reasons for wanting to have both declarative and procedural knowledge<br />
structures. Declarative knowledge is flexible and can be accessed in many ways. [...]<br />
Procedural knowledge is rigid but efficient“ (Anderson, 1983, S. 39). Vergleicht man diese<br />
Beschreibung mit den Definitionen konzeptuellen <strong>und</strong> prozeduralen <strong>Wissen</strong>s von Rittle-<br />
Johnson et al. (siehe Seite 36), so ist die Ähnlichkeit der beiden Paare von <strong>Wissen</strong>sarten<br />
unübersehbar. Da deklaratives <strong>Wissen</strong> neben konzeptuellen Prinzipien auch <strong>Wissen</strong> über<br />
spezifische Episoden, Bilder, Symbole <strong>und</strong> Handlungsziele (goal states) umfassen kann,<br />
wird es wohl am besten <strong>als</strong> Oberbegriff aufgefasst, unter den konzeptuelles <strong>Wissen</strong><br />
subsumiert werden kann.<br />
Anderson geht davon aus, dass deklaratives <strong>Wissen</strong> in einem konnektionistischen Netz<br />
von Chunks <strong>und</strong> <strong>prozedurales</strong> <strong>Wissen</strong> in Produktionsregeln gespeichert werden. Aktuelle<br />
Gedanken- oder Wahrnehmungsinhalte werden im deklarativen <strong>Wissen</strong>snetz aktiviert <strong>und</strong><br />
aktivieren anschließend benachbarte Knoten im Netz (spread of activation), wodurch unter<br />
anderem semantische Primingeffekte gut erklärt werden können. Alle im<br />
Langzeitgedächtnis aktivierten Knoten gemeinsam stellen das Arbeitsgedächtnis dar.<br />
Indizieren pattern matching-Prozesse die Erfüllung des Bedingungsteils einer Produktion<br />
durch den aktuellen Arbeitsgedächtnisinhalt, so wird der Handlungsteil der Produktion<br />
automatisch ausgeführt (production firing). Werden die Bedingungsteile verschiedener<br />
Produktionen gleichzeitig erfüllt, entscheiden Konfliktlöseregeln darüber, welche<br />
ausgeführt wird. Die wichtigste Regel ist, dass die Produktionen jeweils eine Stärke<br />
besitzen <strong>und</strong> dass starke Produktionen schwachen gegenüber bevorzugt ausgeführt werden.