Diss_16 Okt 2006 finalvers
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<strong>16</strong>2<br />
3) Bedingen<br />
Die zweistellige Valenzstruktur des Verblexems wird im Passiv aufrechterhalten. Anders als<br />
bei den Verben krönen und umgeben, die im Passiv von-Phrasen bevorzugen, treten bei dem<br />
Passiv-Verbkomplex bedingt werden/sein überwiegend durch-Phrasen auf. Darüber hinaus<br />
verbindet sich die Struktur „X ist bedingt“ häufig mit Quasiagensphrasen (z.B. alpenländisch,<br />
beruflich, erblich, genetisch, konjunkturell, organisch, psychosomatisch, regional, saisonal,<br />
statistisch, strukturell), die eine Transformation in eine durch-Phrase zulassen und als<br />
Agensphrasen fungieren:<br />
(577) Sich neu orientieren oder auch nur herausfinden, ob die Unzufriedenheit tatsächlich beruflich bedingt ist<br />
- all das können Frauen (und 'selbstverständlich auch Männer') an Hand des 300 Seiten dicken Buches<br />
tun. (Süddeutsche Zeitung, <strong>16</strong>.01.1995, S. 27)<br />
(578) Diese Zahlen unterstreichen, dass die Arbeitslosigkeit nicht nur saisonal, sondern auch konjunkturell<br />
und strukturell bedingt ist. (Süddeutsche Zeitung, 11.04.1996, S. 27)<br />
(579) Weil die Erkrankung in vielen Fällen psychosomatisch bedingt ist, wollen die Gruppenteilnehmer<br />
gemeinsam die seelischen Zusammenhänge ihrer Beschwerden herausfinden und verarbeiten.<br />
(Süddeutsche Zeitung, 05.09.1996, S. 7)<br />
(580) Die Rede ist von der langsamen Erschlaffung der Haut, das Verwischen der Gesichtskonturen, die<br />
Zunahme der Falten - was zum guten Teil erblich bedingt ist. (Süddeutsche Zeitung, 26.03.1998, S.<br />
905)<br />
(581) Rainer Schröder: Bei gefährlichen Hunden ist es wichtig zu wissen, wem das Tier gehört und aus<br />
welcher Zucht es stammt, da ein Teil des Aggressionspotentials genetisch bedingt ist. (Frankfurter<br />
Rundschau, 19.01.1999, S. 29)<br />
Dass eine von-Phrase beim Passiv-Verbkomplex bedingt werden/sein keine Seltenheit ist,<br />
kann anhand folgender Belege gezeigt werden:<br />
(582) Unter den vielen anderen Belegen für das Verschwinden der Zukunft ist einer hervorzuheben, der vom<br />
Fortschrittspathos des Neuen unmittelbar bedingt ist: Wenn etwas tatsächlich neu im Sinne von ganz<br />
anders als alles Gewesene sein soll, so müssen wir uns stets an das Alte halten, um einen<br />
Neuigkeitswert feststellen zu können. (Frankfurter Rundschau, 09.04.1999, S. 12)<br />
(583) ... Wovon lebt der Bohemien? Als Frage nach den Einkünften ist sie unbeantwortbar. Gerüchteweise<br />
erzählt man, dass er, „doch manchmal ein Bild verkaufe“. Der Bohemien lebt von seiner Geste. ...<br />
Welches ist die Geste des Bohemiens? Dem Bürger am nächsten, weil von ihm bedingt, ist sie: den<br />
Bürger zu ärgern. Ihn noch komischer zu finden, als er ist. Ihm seine Götter verekeln. Das Geld zum<br />
Beispiel, indem man es nicht hat oder, hat man es, indem man es sehr leichtsinnig ausgibt. (Süddeutsche<br />
Zeitung, 18.05.1998, S. 39)<br />
(584) Das Verhältnis des Menschen zu seiner Phantasie ist in hohem Maß bedingt von seinem Verhältnis zum<br />
Unbewussten überhaupt.“ (Jung 54, zitiert nach Jakob Wüest, 1998:131) 242<br />
Zusammenfassend können die sein-Konstruktionen von Zustandsverben in zweierlei Hinsicht<br />
interpretiert werden:<br />
242 Vgl. Wüest (1998) in Hans Geisler/Daniel Jacob (Hgg.): Transitivität und Diathese in romanischen Sprachen,<br />
1998, S. 127–140.