Diss_16 Okt 2006 finalvers
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Mitspielers betrachtet, d.h. die semantischen Rollen Agens und Patiens sind keine inhärenten<br />
Merkmale von Nomina, die unabhängig vom Verb existieren, sondern sie sind vom Verb<br />
festgelegt. 90 Schließlich werden die semantischen Kasus pragmatisch-kommunikativ definiert.<br />
Hierbei wird davon ausgegangen, dass die einzelnen semantischen Kasus an Sachverhalte<br />
gebunden sind, die durch die Verben ausgedrückt werden, 91 und je nachdem, ob an einem<br />
Sachverhalt ein, zwei oder drei Individuen beteiligt sind, werden entsprechend so viele<br />
semantische Kasus in Perspektive gebracht (siehe die pragmatische Valenz).<br />
Trotz einiger Schwächen (siehe die Definition des Agentivs) ist der Kasustheorie<br />
gelungen zu belegen, dass es keine Eins-zu-eins-Entsprechung zwischen den Kasusformen<br />
(Oberflächenkasus) und den Kasusbedeutungen (Tiefenkasus) gibt. Ein Satzglied im<br />
Nominativ oder im Genitiv kann mehrere Tiefenkasus haben, und umgekehrt lässt sich eine<br />
Kasusbedeutung durch verschiedene Oberflächenkasus wiedergeben. In den nachfolgenden<br />
Belegen (Helbig, 1977:74 für die Beispiele (132) – (135)) gehören die hervorgehobenen<br />
Ausdrücke verschiedenen semantischen Rollen an:<br />
(132) Die Mutter zerschlug das Fenster. (Agens)<br />
(133) Der Hammer zerschlug das Fenster. (Instrument)<br />
(134) Der Wind löschte die Kerze. (Force)<br />
(135) Die Kartoffeln kochten. (Patiens)<br />
(136) Die Rede des Vorsitzenden... (Agens im Genitiv)<br />
(137) Die Entführung des Vorsitzenden... (Patiens im Genitiv)<br />
(138) Der Schlüssel öffnete die Tür. (Instrument)<br />
(139) John öffnete die Tür mit dem Schlüssel. (Instrument)<br />
(140) Liebe verändert die Welt. (Objektiv/Theme)<br />
(141) Die Tür wurde von John geöffnet. (Agens)<br />
Andererseits konnte dank der Kasusgrammatik gezeigt werden, dass die Passivierung von<br />
Handlungsverben dadurch bedingt ist, dass die Subjektargumente als Handlungsträger<br />
vorkommen bzw. als solche interpretiert werden sollen. Dass die Kasustheorie nicht alle<br />
Problemfälle erklären konnte bzw. in vieler Hinsicht sich sogar verfangen hat, liegt daran,<br />
dass die Definitionen der semantischen Kasus unpräzise, ja vage waren, vgl. exemplarisch<br />
hierzu den semantischen Kasus Objektiv, das verschiedene Oberflächenkasus charakterisiert<br />
und deshalb als Müllkorb bezeichnet wird. Andere semantische Kasus (Agens, Force,<br />
Instrumental) sind kaum voneinander zu differenzieren. In unserer Untersuchung werden die<br />
semantische Valenz und die Kasustheorie unter die Dimension der Inhaltsspezifik subsumiert<br />
und in Abschnitt 3.2.1.3. beschrieben.<br />
90 Dazu schreibt Vater (1973:133f.): „… Es ist erst das Verb, das ein Substantiv zum Agens macht; Agens zu<br />
sein ist keine inhärente Eigenschaft eines Substantivs.“<br />
91 Ausführlich über den Status der semantischen Kasus vgl. Helbig (1992:26ff.).