Diss_16 Okt 2006 finalvers
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a) Sein + Partizip ist eine Kopulakonstruktion, in der das Partizip II einen adjektivischen<br />
Charakter hat bzw. mit dem Adjektiv gleichgesetzt wird.<br />
b) Sein + Partizip ist ein elliptisches Vorgangspassiv, in dem worden nicht genannt wird.<br />
c) Sein + Partizip stellt ein drittes Genus Verbi neben Aktiv und (werden-)Passiv dar und<br />
bezeichnet einen Zustand, der nicht aus einer vorzeitigen Handlung hervorgegangen ist, das<br />
heißt, der Zustand hat keine resultative Lesart.<br />
Im Großen und Ganzen kann festgestellt werden, dass diejenigen Autoren, die das Agens<br />
beim sein-Passiv systematisch untersucht haben, zu dem Ergebnis kommen, dass zwei<br />
Alternativen bezüglich der Verwendung des Agens im sein-Passiv unterschieden werden<br />
können:<br />
1) Die Agensnennung ist grundsätzlich möglich: 132 Dies betrifft solche Verben (bemalen,<br />
bearbeiten, befestigen, begießen), mit denen ein Sachverhalt ausgedrückt wird, in dem das<br />
Verbalgeschehen eine resultative Lesart hat. Das Verbalgeschehen wird als Resultat eines<br />
vorausgegangenen Vorgangs dargestellt; wir haben es mit einem elliptischen Vorgangspassiv<br />
zu tun. Die Verben, die keine Tätigkeit, sondern eine Art lokalen Zustand bezeichnen,<br />
könnten hier eingeordnet werden, vgl. etwa die lokalen Zustandsverben wie umgeben,<br />
bewohnen, durchziehen, begrenzen, säumen (ein werden-Passiv kann ohne<br />
Bedeutungsänderung für ein sein-Passiv stehen). 133<br />
2) Die Agensnennung ist ausgeschlossen: In Frage kommen solche Verben, die im Passiv<br />
einen Sachverhalt ausdrücken, in dem das Verbalgeschehen nicht mehr resultativ ist, sondern<br />
lediglich einen Zustand bezeichnet; 134 hier kann kein worden wieder aufgenommen werden.<br />
Einige sein-Konstruktionen sind als Zustandsprädikate interpretierbar, wobei die Partizipien<br />
durch echte Adjektive wiedergegeben werden können:<br />
(172) Die Tür ist geöffnet – Die Tür ist offen. (Helbig/Buscha, 1980:147)<br />
Ob eine Agensphrase beim sein-Passiv genannt wird oder nicht, hängt offenbar nicht nur von<br />
der Semantik der einzelnen passivfähigen Verben ab. Obwohl Helbig/Kempter (1973:23f.),<br />
Helbig/Buscha (1980:153f.) den Grad der Affiziertheit des Akkusativobjekts als einen<br />
entscheidenden Faktor für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen des Agens beim sein-Passiv<br />
132 Vgl. auch Vaagland (1983:197).<br />
133 Vgl. den Typ I (sein-Passiv) bei Vaagland (1983:197).<br />
134 Vgl. die Subklasse IIb bei Vaagland (1983:198), die durch folgende Beispielsätze wiedergegeben wird:<br />
i) Die Tür ist (* von ihr) geschlossen.<br />
ii) Das Haus ist (* von dem Nachbarn) abgebrannt.