Diss_16 Okt 2006 finalvers
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eigentlich passivischen Bedeutung im Oppositionssystem Aktiv : Passiv ist. Die Möglichkeit<br />
einer Agensergänzung stellt „eines der Kriterien der Paradigmatisierung von Passiv-<br />
Fügungen“ dar, 14 von dieser Möglichkeit wird jedoch wenig Gebrauch gemacht. Eine<br />
Ausnahme zu dieser passivischen Bedeutung von Konstruktionen bildet jene Konstruktion,<br />
der kein Agens hinzugefügt werden kann. Als Beispiel sei das Passivum absolutum<br />
(‚absolutes Passiv’ genannt, das durch die Konstruktion sein + Partizip II gebildet wird,<br />
welches als Archetyp des heutigen Zustandspassivs aufgefasst wird. 15 Durch den Gebrauch<br />
des Agens in den Konstruktionen werden + Partizip II und sein + Partizip II wird der verbale<br />
Charakter des Partizips wiederhergestellt bzw. hervorgehoben. Das heißt, die<br />
Passivkonstruktionen ohne Agens, die im Althochdeutschen als neutral empfunden werden,<br />
weil das Partizip II eine adjektivische Lesart hat, erhalten durch die Agensergänzung eine<br />
passivische Lesart. Mit der Agensnennung werden somit zwei Funktionen erfüllt, einmal die<br />
Prozessualität der gesamten Konstruktion, die im Althochdeutschen ohne das Agens eine<br />
Zustandsbedeutung hat und die Verbalität des Partizips II. <strong>16</strong><br />
Die Kontroverse darüber, welche der beiden Passivformen als die ursprüngliche<br />
Passivform aufzufassen ist, ist deshalb entstanden, weil das Passiv und das Wesen des Agens<br />
unterschiedlich ausgelegt und beschrieben werden. Unabhängig davon, ob die Erwähnung des<br />
Agens oder die Vorstufung des Patiens charakteristisch für das Passiv ist, hängt der<br />
Valenzstatus des Agens mit der grammatischen Theorie zusammen, die der Untersuchung<br />
zum Passiv zugrunde gelegt wird. Bevor die grammatischen Theorien (vgl. Abschnitt<br />
2.3.2.2.1., S. 53–55) vorgestellt werden, wird auf die bestehenden Agensdefinitionen kurz<br />
eingegangen.<br />
2.2. Das Agens<br />
Alle bestehenden Agensbestimmungen lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:<br />
1. Eine semantisch-syntaktische Agensdefinition: Das Agens wird zum einen zur<br />
Beschreibung von semantischen Rollen wie Täter, Urheber, Verursacher/Ursache oder<br />
Vermittler, zum anderen zur Bezeichnung des grammatischen Subjekts verwendet. Im<br />
14 Vgl. Kotin (1998:158).<br />
15 Vgl. Kotin (1998:158).<br />
<strong>16</strong> Vgl. Kotin (1998:105).