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Diss_16 Okt 2006 finalvers

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2.3.1.2. Die semantische Valenz und die Kasustheorie<br />

Der Begriff „semantische Valenz“, 86 der ursprünglich eine reduzierte Abbildung der in der<br />

Bedeutungsstruktur auftretenden Argumentstellen einer Wortart kennzeichnet, wird im Laufe<br />

der Jahre unterschiedlich interpretiert. In der Prädikatargumentstruktur des Verbs geben<br />

beispielsweise sind drei Argumentstellen vorgesehen, wobei die erste Stelle für das Subjekt<br />

(die Person, die etwas gibt), die zweite Stelle für das direkte Objekt (meistens ein<br />

Gegenstand) und die dritte Stelle für das indirekte Objekt (eine Person, der etwas gegeben<br />

wird) steht. Laut Helbig/Schenkel (1980) stellt die semantische Valenz eine für eine Wortart<br />

festgelegte semantische Merkmalstruktur dar bzw. sie umfasst alle Selektionsbeschränkungen,<br />

die reguliert werden auf Grund der semantischen Kompatibilität zwischen dem Verb und<br />

seinen Aktanten. 87 Oder besser noch: Unter die semantische Valenz werden die<br />

„Verträglichkeitsbeziehungen zwischen den Bedeutungskomponenten (Semen, Noemen,<br />

Bedeutungsmerkmalen u.a.) von Verb und Aktant“ subsumiert, Helbig/Schenkel, S. 53.<br />

Eine Weiterentwicklung der semantischen Valenz stellt die Kasustheorie dar. Bei<br />

Fillmore (1968/1971; 1977a/1981) sowie bei den Vertretern bzw. Kritikern der Kasustheorie<br />

(Cook (1978), Nilsen (1972), Dik (1978), Helbig (1971; 1977; 1982; 1992)) wird die<br />

semantische Valenz als ein Abbild der durch eine Wortart gekennzeichneten Tiefenkasus<br />

bzw. semantischen Rollen wie Agentiv, Instrumental, Experiencer, Objektiv, Lokativ usw.<br />

betrachtet. 88 Die gesamten semantischen Rollen eines Verbs bilden den Kasusrahmen des<br />

86 Kaznelson (1974:108ff.) verwendet den Begriff „inhaltliche Valenz“, um die lexikalisch-semantischen<br />

Merkmale bzw. Bedeutungskomponenten einer Wortart (d.h. die Konnotationen oder Bedeutungsassoziationen<br />

bzw. -relationen, mit denen man eine Wortart verbindet) zu charakterisieren. Kausative Verben beispielsweise<br />

setzen einen Initiator und einen unmittelbaren Ausführenden der Handlung voraus. Diese Verben sehen deshalb<br />

Positionen für das Subjekt (eine Person), das direkte Objekt (eine Person) und für das Nomen der Handlung vor,<br />

vgl.: Er überredet ihn, nicht zu fahren.<br />

87 Siehe Helbig/Schenkel (1980:65).<br />

88 Zur Definition der semantischen Rollen vgl. Fillmore (1968/1971). Zu beachten ist, dass die Anzahl der<br />

semantischen Rollen von Autor zu Autor variiert, im Durchschnitt zwischen 4 und 9. In Cooks (1978) „Case<br />

Grammar Matrix Model“ werden fünf propositionale Kasus (AGENT – EXPERIENCER – BENEFACTIVE –<br />

OBJECT - LOKATIV) unterschieden, die jeweils von den entsprechenden Verbtypen bestimmt sind; der ‚Agent’<br />

wird gewöhnlich von Handlungsverben gefordert: „Agent ist the case required by an action verb...“, Cooks, S.<br />

299. Nilsen (1972:37) operiert mit drei Paaren von gegensätzlichen Rollenmerkmalen (Controller vs. Controlled,<br />

Cause vs. Effect, Source vs. Goal) und kommt auf sechs semantische Kasus: AGENT – INSTRUMENT –<br />

CAUSATIVE – PATIENT – SOURCE – GOAL). Fillmore (1971) unterscheidet acht bzw. neun Kasus, die<br />

hierarchisch geordnet sind: AGENT – EXPERIENCER – INSTRUMENT – OBJECT – SOURCE – GOAL –<br />

LOCATION – TIME; FORCE kann dem Agent oder Instrument zugeordnet werden. Dass manche semantischen<br />

Rollen nicht leicht voneinander zu unterscheiden sind, kann an folgenden Beispielsätzen gezeigt werden, in<br />

denen die hervorgehobenen Lexeme in (i) als Agens, in (ii) als Force, und in (iii) und (iv) als Kausativ auftreten:<br />

i) Die Mutter zerschlug das Fenster. (Helbig, 1977:73)<br />

ii) Das Erdbeben zerstörte die Stadt. (Helbig, 1977:73)<br />

iii) Der Wind löschte die Kerze. (Helbig, 1977:73)<br />

iv) Das Kind verursachte (durch sein Verhalten) die Krankheit der Mutter. (Helbig, 1992:27)

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