Diss_16 Okt 2006 finalvers
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Behauptung von Eroms (1986:78f.), nämlich dass „die Weglassbarkeit der subjektfähigen<br />
Präpositionalphrase bei der Bestimmung der Funktionen des Passivs immer in direktem<br />
Zusammenhang mit seiner Leistung aus den TRG-Gesichtspunkten gesehen werden muss“ ist<br />
nur in dieser Hinsicht zu verstehen.<br />
Zusammenfassend erweist sich die Einstufung der Agensphrasen deshalb als schwierig,<br />
weil sie verschiedene Eigenschaften in sich einigen. Die Agensphrasen sind inhaltlich<br />
bestimmt – sie sind belebt und haben eine semantische Agensrolle –, spezifizieren invariante<br />
Merkmale von Verbbedeutungen (siehe Abschnitt 3.2.1.4., S. 97) bzw. kommen bei Verben<br />
vor, die einen Vorgang ausdrücken; aus beiden Gründen haben sie einen Ergänzungsstatus.<br />
Die Vorhersagbarkeit der formalen Merkmale von Agensphrasen – zu jedem Vorgangspassiv<br />
kann eine Agensphrase mit der Präposition von gebildet werden –, ihre rhematische Funktion<br />
– Agensphrasen sind als zusätzliche Prädikationen bzw. Modifikatoren eines<br />
Verbalgeschehens interpretierbar – sowie die Weglassbarkeit deuten darauf hin, dass sie den<br />
freien Angaben näher stehen und keinen Argumentstatus haben. 129<br />
Es sei darauf hingewiesen, dass in den meisten Untersuchungen zum Passiv eine<br />
Agensrealisierung beim werden-Passiv für möglich, beim sein-Passiv jedoch für<br />
problematisch gehalten wird; Zifonun (1997:1834) hält die Agensnennung beim sein-Passiv<br />
für unmöglich. Die Nichtnennung der Agensphrase begründen manche Autoren damit, dass<br />
die Bildung des sein-Passivs vielen Restriktionen unterliegt – zum Beispiel lassen nichtzielgerichtete<br />
Verben bzw. Verben mit durativer Aktionsart wie beobachten, lieben,<br />
streicheln, loben, beglückwünschen, u.a. die Bildung eines sein-Passivs nicht zu 130 –, und dass<br />
einige sein + Partizip-II-Konstruktionen 131 (z.B. die sein-Konstruktionen von Psych-Verben,<br />
vgl. Abschnitt 4.1.3.3.) keine eindeutige passivische Bedeutung haben. Ein Satz wie Das Kind<br />
ist verzogen kann als Vorgangspassiv interpretiert werden, in dem worden weggelassen wird.<br />
Der gleiche Satz kann aber als eine Perfektkonstruktion gedeutet werden und in dieser Lesart<br />
hat der Satz die Bedeutung von Das Kind ist an einen anderen Ort gezogen, Das Kind ist<br />
fortgezogen.<br />
Die Untersuchungen zu den sein + Partizip-II-Konstruktionen können wie folgt<br />
zusammengefasst werden:<br />
129 Vgl. auch Breindl (1989:65).<br />
130 Siehe hierzu Helbig/Buscha (1980:152), Engelhardt (1969:182f.).<br />
131 Eingehende Untersuchungen zu sein + Partizip-II-Konstruktionen finden sich bei Paul (1898), Grimm (1967),<br />
Wilmanns (1906), Behaghel (1924), Weisgerber (1963), Glinz (1965), Brinker (1971; 1990), Helbig/Kempter<br />
(1973), Helbig/Buscha (1980), Duden (1984), Helbig (1987), Leiss (1992), Lenz (1993), Rapp (1997) und<br />
Zifonun (1997).