Diss_16 Okt 2006 finalvers
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(62) * Er kriegt geholfen. (Haider, 1986:5)<br />
(63) * Die Gewerkschaft kriegt beigetreten. (Haider, 1986:5)<br />
Nach Haider (1984) ist das Agens im bekommen-Passiv bzw. Rezipientenpassiv deshalb<br />
fragwürdig, weil das Partizip II nicht mehr als Verb, sondern als prädikatives Adjektiv<br />
fungiert, vgl. die nachfolgenden Belege und ihre entsprechenden Paraphrasen:<br />
(64) (a) Er kriegt die Gläser gewaschen. (Haider, 1984:39) (Prädikativ)<br />
(b) Er kriegt die Gläser doch noch sauber/gewaschen. (Haider, 1984:38)<br />
(c) Die Gläser wurden uns in gewaschenem Zustand übergeben. (Haider, 1984:35)<br />
(65) Er bekam das Buch zerrissen, das Bein zerquetscht. (Wegener, 1985a:128) (Koprädikativ)<br />
(66) (a) Kujau kriegte die Hitler-Memoiren für 9 Millionen verkauft. (Wegener, 1985a:136)<br />
(Koprädikativ)<br />
(b) Kujau kriegte etwas hin, erreichte es; Kujau verkauft die Hitler-Memoiren. (Wegener,<br />
1985a:136)<br />
(c) * Kujau kriegte die Hitler-Memoiren vom „Stern“ verkauft. (Wegener, 1985a:136)<br />
(67) (a) Der „Stern“ kriegte die Hitler-Memoiren für 9 Millionen verkauft. (Wegener, 1985a:136)<br />
(Nicht koprädikativ)<br />
(b) Dem „Stern“ wurden die HM verkauft; jemand hat dem „Stern“ die HM verkauft.<br />
(Wegener, 1985a:136)<br />
(c) * Der „Stern“ kriegte es hin, die Hitler-Memoiren für 9 Millionen zu verkaufen.<br />
(Wegener, 1985a:136)<br />
(68) (a) Er kriegte das Buch nur geliehen, nicht geschenkt. (Wegener, 1985a:127) (prädikativ)<br />
(b) ?? Er kriegte jemanden dazu, ihm das Buch zu leihen. (Wegener, 1985a:136)<br />
(69) Sie kriegte die Schulden erlassen. (Wegener, 1985a:128) (Nicht koprädikativ)<br />
Wegener (1985a:135) bemerkt, dass eine prädikative bzw. koprädikative Interpretation in<br />
vielen Fällen nicht gegeben ist, vgl. (67)(a), (69). Ihrer Meinung nach hängt die Ausschaltung<br />
des Agens bei den koprädikativen Partizipien damit zusammen, dass das Verb kriegen eine<br />
aktive Lesart hat und dass ein Agens im Subjekt des Matrixverbs schon kodiert ist, so dass<br />
eine nochmalige Erwähnung des Agens, diesmal in Form einer Präpositionalphrase,<br />
ausgeschlossen ist bzw. als schwerfällig empfunden wird.<br />
Genauso argumentieren Reis (1985), Engel (1988) und Leirbukt (1997); alle gehen von<br />
einer fakultativen Agensrealisierung beim bekommen-Passiv aus:<br />
(70) Das Kind kriegt den Ring (von Paul) geschenkt/gestohlen. (Wegener, 1985a:130)<br />
(71) Meine Großmutter bekam die Gläser vom Dienstmädchen gewaschen. (Wegener, 1985a:130)<br />
(72) Auch wenn sie bisher seinen Bitten gegenüber standhaft blieb - er kriegt/erhält schon noch von ihr die<br />
Hemden gebügelt. (Reis, 1985:146)<br />
(73) Wetten, dass wir von ihm die Gläser gewaschen kriegen. (Reis, 1985:146)<br />
(74) Sie bekam das Ernennungsschreiben vom Minister ausgehändigt. (Engel, 1988:247)<br />
Die Nichtnennung des Agens beim bekommen-Passiv hängt damit zusammen, dass bei dieser<br />
Konstruktion nicht die Handlung, sondern die Schilderung eines Ereignisses im Vordergrund<br />
steht, das heißt, mit dem bekommen-Passiv wird ein Verbalgeschehen beschrieben, das<br />
vollzogen ist. Aus diesem Grund ist das Agens nicht realisierbar bzw. seine Realisierung wird