Diss_16 Okt 2006 finalvers
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sinnnotwendig. Gleichzeitig ist die von-Phrase nicht subkategorisierend, wohl aber autonom<br />
kodierend. 113 Als Argument-Adjunkt ist die von-Phrase im Passiv immer fakultativ. 114<br />
2.3.2.2.2. Ansätze zum Valenzstatus von Agensphrasen<br />
Die diversen Untersuchungen zum Valenzstatus von Agensphrasen, die unterschiedlichen<br />
Theorien zur Beschreibung des Passivs zugrunde liegen, lassen sich zu drei Gesichtspunkten<br />
zusammenführen.<br />
Gesichtspunkt 1: Der Leitgedanke ist, dass die Agensphrase über einen Ergänzungsstatus<br />
verfügt. Als Vertreter dieses Ansatzes ist Tesnière (1959) zu nennen, der für das Passiv eine<br />
Aktantenumschichtung annimmt. Damit ist gemeint, dass der aktivische zweite Aktant zum<br />
passivischen ersten Aktanten wird, der aktivische erste zum passivischen zweiten. Obwohl die<br />
Aktantenzahl im Passiv unverändert bleibt, wird das Passiv als eine rezessive Diathese<br />
betrachtet, weil die Passivergänzung bzw. Agensergänzung, die den ungesättigten<br />
Valenzstellen 115 zugeordnet wird, oft unerwähnt bleibt.<br />
Laut Brinker (1971) gehört die Agensphrase zur strukturellen Vollständigkeit des T-<br />
Satzes (= Transformationssatz im Sinne von Passivsatz), weil sie eine vom Verb geforderte<br />
Valenzstelle sättigt, die bei der (Re)Transformation des Passivsatzes in einen Aktivsatz zur<br />
Subjektstelle wird. Die subjektfähige Präpositionalphrase 1<strong>16</strong> ist fakultativ; vgl. Hartung<br />
(1962:107), der die Agensphrase als nicht obligatorisch betrachtet. Zu erwähnen sei Heringer<br />
(1970:101f.; 1973:181f.), der das Passiv als eine Konverse zum Aktiv und die von-Phrase<br />
113 Auf die invarianten bzw. varianten Merkmale einer Verbbedeutung wird in Abschnitt 3.2.1.4. eingegangen;<br />
siehe auch Welke (2002:69f.) über die typischen Merkmale von Argumenten und Modifikatoren.<br />
114 Steinitz (1992.37) definiert das Argument-Adjunkt als „eine syntaktische Einheit, die semantisch einem<br />
Argument entspricht, syntaktisch aber nicht vom Verb regiert wird, sondern valenzfrei und somit ein Adjunkt<br />
ist.” Dass die Agensphrase weder eine Angabe noch ein Argument-Adjunkt, wohl aber ein Argument ist, zeigt<br />
sich darin, dass sie immer eine implizite Argumentstelle des Passiv-Verbkomplexes sättigt.<br />
115 Helbig (1989:2<strong>16</strong>) weist nach, dass im Passiv keine Argumentreduktion, sondern lediglich eine<br />
Umschichtung der Argumente in der Oberflächenstruktur stattfindet, und die Präpositionalgruppe (Agensangabe)<br />
erweist sich deshalb als eine fakultative Ergänzung. Vgl. auch Heringer (1967:22ff.; 1968:446), der darlegt, dass<br />
sich das Passiv nicht durch eine Verminderung der inhaltlichen Wertigkeit, d.h. der Argumente, sondern durch<br />
eine Verminderung der syntaktischen Wertigkeit auszeichnet. Demzufolge ist das Passiv eine Ellipse bzw. ein<br />
syntaktisches Rezessivum, weil eine Ergänzungsbestimmung des Aktivs, nämlich e 1 (Ergänzungsbestimmung im<br />
Nominativ), die im Passiv als e 5 (Ergänzungsbestimmung mit Präpositionalobjekt) vorkommt, nicht realisiert<br />
wird.<br />
1<strong>16</strong> Wagner (1973; 1977) und Milan (1985) halten den von Brinker (1971:45ff.) gebrauchten Begriff<br />
„subjektfähige Präpositionalphrase” für zu unpräzise bzw. sehr vage, weil darunter nicht nur Agenspräpositionen<br />
wie von/durch/bei/mit, sondern auch Präpositionen mit adverbialer Bedeutung (in/aus/unter/auf) subsumiert<br />
werden.