25.12.2013 Aufrufe

Diss_16 Okt 2006 finalvers

Diss_16 Okt 2006 finalvers

Diss_16 Okt 2006 finalvers

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20<br />

mit Agens und den Passivsätzen ohne Agens weitgehend konstant geblieben. Auch ein<br />

annähernd gleiches Bild kann in neuhochdeutschen Texten gegenüber den<br />

mittelhochdeutschen beobachtet werden; die Prozentzahl der Passivsätze mit Agens liegt<br />

unter 20 %. Bei Brinker (1971) beispielsweise machen die Passivsätze mit Agens in der<br />

Augsburger Konfession aus dem Mittelhochdeutschen 18 % aus, für das Neuhochdeutsche<br />

sind es bei Schoenthal (1976:124) <strong>16</strong> %, bei Trempelmann (1973:80) 17,1 %, bei Duden<br />

(1984:181) 10 %. Viele Autoren sehen in der hohen Gebrauchsfrequenz des agenslosen<br />

Passivs einen Beweis dafür, dass dieses die eigentliche Passivform ist, und die logische Folge<br />

einer solchen Annahme ist, dass das Passiv mit Agens nichts anderes ist als eine Erweiterung<br />

des agenslosen Passivs.<br />

Insgesamt ist der prozentuale Anteil der Passivform mit Agens sehr gering. Die<br />

Agensangabe bleibt deshalb unerwähnt, weil a) das Agens unbekannt, unbestimmt ist, b) das<br />

Agens allgemein bekannt ist bzw. aus dem Kontext erschlossen wird – siehe die anaphorische<br />

bzw. kataphorische Agensellipse in (44) und (45) –, c) es absichtlich verschwiegen wird, und<br />

weil d) es die Grammatikalität eines Satzes beeinträchtigt 50 :<br />

(41) Und die Boten des Hofes laufen los. Die Hebamme wird geholt. Und dann werden die Nachbarinnen<br />

geholt. (Schoenthal, 1976:125)<br />

(42) Weit wird der Ball in die Mitte hineingegeben. Wunderbar machen das die Göttinger. (Schoenthal,<br />

1976:126)<br />

Pape-Müller (1980) zeigt, dass das Agens in fachsprachlichen Texten wie<br />

Verwaltungsvorschriften, Kochrezepten, Gebrauchsanleitungen, Dienstanweisungen usw.<br />

deshalb getilgt wird, weil es aus den entsprechenden Textsorten erschließbar ist und für „eine<br />

nicht explizit spezifizierte Gruppe von Lesern“ steht. 51 Die Nichterwähnung des Agens in<br />

solchen fachwissenschaftlichen Textsorten könnte als ein besonderer Stil betrachtet werden,<br />

der sich über mehrere Jahre hinweg behauptet hat, zu einem tradierten Stil geworden ist und<br />

im heutigen Sprachgebrauch weitgehend als eine grammatische Norm empfunden wird. 52 Als<br />

Beispiel sind diese Belege zu nennen:<br />

(43) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner<br />

Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen und politischen Anschauungen benachteiligt<br />

oder bevorzugt werden. (GG Art. 4 (3), zitiert nach Pape-Müller, 1980:97)<br />

50 Vgl. Trempelmann (1973), Helbig/Buscha (1980), Schoenthal (1976), Heidolph et al. (1981) und Rösch<br />

(1994).<br />

51 Vgl. Pape-Müller (1980:97).<br />

52 Vgl. Helbig/Buscha (1980:141), von Polenz (1985:184) über die Nichtnennung von Agensphrasen in<br />

Passivsätzen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!