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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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1976: Die Armee

Ziel erfasst. Die Kameraden staunen nicht schlecht, als der Pilot die Situation für real

und bedrohlich hält und geängstigt seine Maschine herumreißt. Schnellstmöglich

kehrt er zum Rapport in seine Westberliner Air Base zurück. Die Herren Offiziere

sind mit dieser Situation wohl überfordert. Viele haben amüsierte Gesichter, einige

den Mund immer noch offen, nur wenige zürnen den diensteifrigen Flak-Helfer

Hennemann. Immerhin kann man durch seine Heldentat die Generalprobe fortsetzen.

Micky kann keine Liegestütze, nicht einen Klimmzug, schafft nicht einen am Seil

erkletterten Meter. Sportlich gesehen eine Niete. Die Dienstvorschrift verschmähend,

krempelt er die Ärmel seines Kampfanzuges weit nach oben. Er trägt sein zweibeiniges

Maschinengewehr nach GI-Manier quer über die Schultern und ist zudem nicht das,

was einem preußisch durchexerzierten Rekruten entspricht. Einen Kontrast hierzu

stellt sein fast schon meisterlicher Umgang mit der Waffe dar. So belegt er bei einem

Pistolen-Wettschießkampf den dritten Platz unter allen Offizieren und Mannschaften

seines Bataillons. Dieser Umstand erlaubt es ihm beim nächsten Konflikt mit dem

Führungspersonal, diesem selbstsicher entgegenzutreten. Anzugordnung sei das

Eine, Zielgenauigkeit das Andere. „Wollen Sie nun einen Dressman,“ will Micky

wissen „oder brauchen sie einen Killer?“ Bei Meldungen gegenüber Vorgesetzten

schlägt er seine Hacken zusammen. Ein Oberleutnant rügt ihn: „Wir sind hier nicht

bei der Wehrmacht!“ Beim Kommando „Stillgestanden!“ legt er die Handflächen,

statt die Fäuste an die Hosennaht. „Mein Vater hat mir das so beigebracht.“, ist seine

Rechtfertigung. „Das ist nicht die Armee ihres Vaters!“ bekommt er zu hören. Ab

und an ändert er auch die Trageweise seiner Dienstpistole. In der NVA trägt man die

nämlich rechts. „Ich bin doch kein Cowboy!“ stellt Micky klar und demonstriert wie

er als Rechtshänder die Makarow blitzschnell aus dem Holster ziehen kann. Und das

sitzt bei ihm gleich links neben dem Koppelschloss. Doch dies gilt als verrucht, trug

doch die Deutsche Wehrmacht ihre Waffen in gleicher Weise.

Schon bald darauf passiert ihm während seiner Funktion als Wachposten am

Haupteingang der Kaserne ein fatales Malheur. Außer der Kontrolle von Ausweisen

und Legitimationen des zu passierenden Fußvolkes ist er befugt, die Schranke hinter

dem Tor zu handhaben. Alles Alltag, alles Routine. Mechanisch salutiert er den einund

ausfahrenden Fahrzeugen. Hellwach allerdings wird er, als ein ganz und gar

nicht nach NVA aussehender PKW dicht hinter einem LO 1800 ins Kommando rollt.

An der Heckscheibe jenes tannengrünen Straßenkreuzers kann Micky noch die

US-Flagge erkennen. Er hat soeben den Erzfeind der Warschauer Vertragsstaaten

in Form einer amerikanischen Militärmission den Zutritt ins Allerheiligste der

Volksarmee gestattet. Der Wachhabende, der Mickys Meldung anfangs für eine

miese Posse hält, informiert seinen Vorgesetzten, welcher sich impulsiv zu einem

Veitstanz hinreißen lässt. Jetzt ist guter Rat teuer, was tun? Indessen sind die Amis

am anderen Ende der Militärbasis angelangt, drehen das Fahrzeug und stoppen es.

Während die volkseigenen Soldaten gemäß der Parole »Dies ist keine Übung!«, wie

aufgescheuchte und orientierungslose Ameisen durch die Geografie hasten, nehmen

die GIs ihre Kameras vor Gesicht, um jenes Chaos festzuhalten.

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