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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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Micky besucht in diesen Tagen jenes geschichtsträchtige Areal, sprich den Dachboden

des Salzelmener Pflegeheims. Nach über vier Jahrzehnten empfängt ihn der Ort,

an dem »Nur einen Augenblick« entstand, mit all seiner magischen Atmosphäre.

Micky schließt die Augen und atmet tief durch. Wie aus verlorener Ferne kann er

noch die irren Klänge hören. Dort, zwischen den beiden Fenstern am Giebel, stand

das Schlagzeug. Gleich daneben, im grauen Putz der Wand eingeritzt, sein und die

Namen der Akteure des Sommers 1973. Er sucht in den Ecken nach Überbleibsel

der vergangenen Proben und Partys. Doch hier wurde beräumt und saniert, Balken

erneuert, Dämmmaterial eingebracht.

Die Band sucht nach wie vor einen zweiten Melodieinstrumentalisten. Und ab und

an wird ein Gitarrist vorstellig. Ist es ein Guter, erscheint ihm die Musik zu abwegig

oder nicht »hart genug«. Ist es ein Schlechter, erledigt sich das Ganze von allein.

Ein Typ stöpselt sein Instrument ein und die Band beginnt zu jammen. Das Ganze

in A-Moll. Micky ruft ihm zu, er solle doch jetzt mal mit seiner Improvisation

beginnen. Doch scheint er nicht ganz verstehen zu wollen, was man ihm abverlangt.

Er beginnt mit Powerchords Kaskaden zu spielen, was recht absonderlich anmutet.

Später bei der Auswertung stellt sich heraus, dass der gute Mann mit dem Terminus

Improvisation überhaupt nichts anzufangen weiß. Mit der Frage: „Kannst du denn

auch einen Major-Sieben-Akkord spielen?“ macht ihn Charlie schließlich gänzlich

die Hölle heiß. Ihn werden sie nie wiedersehen.

Am 17. Dezember läd Gottes Vieh zu einer Weihnachtsfeier im Proberaum ein. Unter

anderem sind Volker Ehlert und Jörg »Jockel« Schröder geladen. Letzterer zeigt

sich sichtlich gerührt, als die Band den Titel »Nur einen Augenblick« zum Besten

gibt. Mit den Worten „Das hast du viel besser gemacht als ich damals!“ umarmt ein

tränenerfüllter Jokel die Sängerin Susa. Im August 1973 setzte er als Frontmann von

Gottes Vieh diesen Song um.

Bassist Leuckert zieht genau nach einem Jahr Bilanz: „Nicht eine Mugge, solange

ich in der Band bin. Nicht, das ich die Gagen nötig hätte, doch muss ich auf die

Bühne.“ So jedenfalls könne er sein musikalisches Ego nicht ausleben.

Ab Juni 2016 probt nun Ex-Bassist Maik Köbke wieder mit.

Der Mai des kommenden Jahres bringt einen zweiten Gitarrenmann. Roman H. aus

Magdeburg ist kreativ und talentiert, lässt sich aber nur sporadisch blicken. Und er

hat einen Makel: Seine Riffs sind zu laut, seine Soli zu leise, Susa muss jetzt schreien.

Im August wird Trommler Charlie ausgetauscht, Frank-Peter Laue ist nun wieder

Bestandteil der Besetzung.

Im Februar 2018 streicht Roman die Segel und kehrt zu seiner alten Combo zurück.

Vier Monate später bekommt man einen neuen Vermieter und der zieht die Preise

gehörig an. Es wird ausgeräumt.

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