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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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Bald schon flogen ihm zahllose Schräubchen und Federn um die Ohren. Ein Versuch

das Ganze wieder zusammenzubauen, scheiterte kläglich. So blieb ihm nichts weiter

übrig, als die Einzelteile in einen Schuhkarton zu verbringen. Diesen schleppte er

am Montagmorgen zur PGH Autodienst in der Schönebecker Geschwister-Scholl-

Straße. Dort staunte man nicht schlecht und brauchte fast 14 Tage, um Herr über das

Sammelsurium zu werden.

Erwins Stoffwechsel ist ihm ein Handicap. Vor der Abfahrt zum Auftrittsort nimmt

er ein reinigendes Vollbad. Und das muss auch vorhalten, denn die Anwendung

eines Deosprays wird von ihm verteufelt. Nach seinem Dafürhalten dringt dessen

Gas in die Haut und lässt Krebszellen entstehen. Zusammen mit Micky schleppt

er sämtliche Boxen auf die Bühne. Und die sind schwer. Bereits nach der Zweiten

riecht er wie ein nasser Hund. Günter und Christine kümmern sich um Verstärker,

Mikrofonständer und Kabelage. Der Hajü trägt sein Drumset. Das baut er auch recht

geruhsam auf. Dem Erwin schwant da etwas. Er gibt vor, das WC aufsuchen zu

müssen, der Günter solle mit anpacken. Doch Erwin schleicht sich unbemerkt hinter

die Bühne und beginnt den Jürgen zu observieren. Dessen Schlagzeug steht bereits

und er kniet hinter der Bassdrum. Ständig beobachtend, wie weit Günter und Micky

mit den Boxen sind. Immer wenn diese an der Bühne vorbeikommen, sieht er nach

unten und beginnt an seinen Pedalen zu fummeln. Da reicht es dem Kapellenleiter.

Er stürmt hinter dem Vorhang vor, zieht seinen Trommler zur Rechenschaft und erlässt

einen Tagesbefehl: Ab sofort wird das komplette Equipment gemeinsam vor

Ort verbracht. Dann erst darf Hajü sich seinen Trommeln und Becken widmen.

Im Vorprogramm einer Tanzveranstaltung im »Braunen Hirsch« tritt ein

Magdeburger Tanzensemble auf. Seine Mitglieder sind noch anwesend, als das

TEAM 77 sein Programm beginnt. Ein zirka zehn- bis elfjähriges Mädchen kommt

in der ersten Pause an den Musikertisch und spricht Bassist Günter an. In rührender

Weise erkundigt sie sich bei ihm, ob er möglicherweise ihr Vater sei. Diesen kenne

sie ausschließlich von einem einzigen Foto und weiß außerdem, dass er in einer

Musikgruppe Gitarre spielt. Es ist die Ähnlichkeit zu Günter die sie ermutigt endlich

ihren Papa zu finden. Ihre Mutter dürfte das natürlich keineswegs wissen. Günter ist

merklich ergriffen. Er klärt auf, dass dies nicht der Fall sei. Betrübt fährt sie mit ihrer

Tanzgruppe zurück nach Magdeburg.

Am 30. Mai wird Micky zum 1. Mot.-Schützenregiment nach Oranienburg zur Reserve

einberufen. Sechs Wochen muss er dort in einer ehemaligen SS-Kaser-ne verbringen.

Das Konzentrationslager »Sachsenhausen« liegt gleich nebenan. Unter anderem ist

es seine Aufgabe, die dortigen Baracken zu säubern. In der Frühe marschiert er, den

Besen geschultert, mit einem Teil seines Zuges ab. Man nimmt allerdings nicht den

direkten Weg durch das Tor, dass das NVA-Objekt vom Vernichtungslager trennt. Es

geht direkt durch das Haupttor hinaus in den öffentlichen Bereich. Hier hat nämlich

seit acht Uhr eine Konsumverkaufsstelle geöffnet. Und dort decken sie sich ein. Die

Bretterbuden sind kaum verschmutzt, viel gefegt werden muss nicht.

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