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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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1993: Gottes Vieh

Klaus W.: „Micky und ich hatten unsere Gitarren vor der Brust und saßen vor einem

Tonbandgerät. Wir wollten Songs kopieren. Vergeblich. Nachdem uns die meisten

Töne verschlossen blieben, stellten wir uns die Gretchenfrage. Sollten wir jetzt etwa

auf Mopeds steigen und mit den anderen ziehen? Die Musik an den Nagel hängen?

Nein, wir waren ja bereits besessen. Wenn wir nicht anderer Leute Gedanken nachvollziehen

können, bringen wir eben unsere Eigenen zum Ausdruck. So entstand

unsere erste Eigenkomposition.“

„Es gibt nichts Schlimmeres als das es funktioniert oder nicht funktioniert. Es hat

dann nichts Mystisches.“ Diese Philosophie flankiert den langen Weg zwischen

Geburt und Wiedergeburt von Gottes Vieh. Micky spricht hier allerdings von einer

bedingten Reinkarnation: „Davon ausgegangen, dass ein alter Geist in einen neuen

Körper zieht, ist dies nur teilweise real. Bezogen auf die musikalische Hardware,

bedarf es noch an so etwas wie, nennen wir es nicht irdische Einflüsse, um das

ersehnte Nirwana zu erreichen. Es ist wichtig seine eigenen Ziele zu suchen, sich

seine Herren und Götter zu wählen, ja, mit Bewusstsein zu schaffen und ihnen dann

mit unerschütterlicher Treue anzuhängen. Ich weiß wie es ist, nicht menschlich zu

sein, denn nie haben Menschen mir ein Leumundszeugnis als redlicher Homo Sapiens

ausgestellt.“

Zur musikalischen Konzeption äußert er sich wie folgt: „Phantomgleich huscht eine

musikalische Idee wie ein Gesicht durch mein Unterbewusstsein. Wie ein kleiner

Mond, der aus dem Schatten eines fernen Planeten gleitet. Ständig nach neuen Ideen

Ausschau haltend. Die schmale Furt zwischen Diesseits und Jenseits durchschreitend,

denn es kann nie schaden zwei Welten zu kennen. Das alte, langsame und schwere

Licht sollte durch wildes, frisches Licht, aus dem Multiversum einfallend, ersetzt

werden. Ab und an sollte man Gestalt und Spezies wechseln. Wenn man sich mit

den Regeln vertraut fühlt, ist es an der Zeit, auf das Durchbrechen dieser zu sinnen.

Vielleicht führt dies in eine Sackgasse, vielleicht aber auch zu neuen Ufern. Ich

träume von meinen Träumen und tue was ich tun muss. Ich brauche keine Drogen,

denn ich bin meine eigene Droge.“

Will man sich dieser Musik nähern, wird man gezwungen, den Abstand zu messen

zwischen der Wirklichkeit, die wir scheinbar leicht in Besitz nehmen können und

ihrem Inhalt, zu denen wir uns erst durchringen müssen. Der Jahrtausend währende

Schlaf in den Tiefen des Universums ist vorbei. Gottes Vieh ist erwacht und macht

seine Präsenz auf diesem, unserem Planeten geltend. Es versteht sich als Beobachter,

Kläger und Richter von Handlungsweisen der als verantwortlich auf der Erde

anzusehenden Spezies. Geschick verkam zu Missgeschick, Glauben zu Verrat, Wille

zu Ungeist. Das Vieh nimmt den Kampf kontra kulturellem Absurdum, instinktiver

Passivität und bornierten Denkensschemata auf. Der in Ungunst gefallenen

Führungsrolle des Menschen wirft es Unfähigkeit, Niedertracht, Stumpfsinn,

Schwachsinn und Monotonie vor. Die beinahe schizophrene Interpretation des

Begriffes Gottes Vieh nimmt Abstand von jedweder Individuumsvorstellung.

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