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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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Trotz ihrer Musik vernimmt der Rest der Band von dort winselnde, stöhnende, zum

Teil schreiende Laute. Rainer windet sich angesichts seiner mittlerweile horrenden

Schmerzen in einem krampfartigen Zustand auf den Futteralen des Equipments.

Dann zwingt er sich auf und stürzt die Treppe hinab in Richtung Toilette. Während

Micky ihm nach spurtet, kommen ihm schon aufgeregte Gäste entgegen. Die

geben zu verstehen, dass der Musikerkollege Blut speiend auf dem Klosett für

eine stattliche Panik sorgt. Wie auch immer, der Leidende hält bis zum Feierabend

durch. Von seinen Kollegen wird er dann auf dem Heimweg in die Notaufnahme

des Schönebecker Krankenhauses gebracht. Eine Woche muss er dort in Kraft eines

diagnostizierten Magengeschwürs verweilen.

Am 18. Mai besuchen Micky, Christine und Rainer ein Konzert im Schöne-becker

Kreiskulturhaus. Es ist Samstagabend kurz nach Acht, als sie unvermutet auf der

Bühne ihren Kapellenleiter Erwin ausmachen. Ganz plötzlich tauchte er aus dem

Nichts auf. Recht surrealistisch, wie er so im grünen Parka mit seiner Prinz-Heinrich-

Mütze zwischen den Musikern von SIMPLE SONG steht.

Kaum das sie ihren Titel beendet haben, begibt er sich zum Mikrofon des Sängers.

Will er die Nachricht vom Ausbruch des Vulkans Mount St. Helens im Nordwesten

der USA der mindestens 24 Tote forderte, verkünden? Mitnichten. Hastig und noch

immer außer Atem, wendet sich Erwin an das Publikum: „Achtung, Achtung! Eine

wichtige Durchsage! Gesucht werden die Musiker der Kapelle Team 77! Sind die hier?

Bitte sofort melden, wir haben jetzt eine Mugge!“ Als wenig später seine Kollegen

vor ihm stehen, gibt Erwin Auskunft: Die Hausband der Wohngebietsgaststätte

»Kosmos« in Magdeburg-Reform sei zum Sonntagabendtanz nicht angetreten, das

Team 77 soll einspringen, Trommler Vogelsang ist schon vor Ort. Auf gehts.

Im September verbringen Christine, Micky und Rainer einen vierzehntä-gigen

Urlaub in Primorsko, einem bulgarischen Badeort am Schwarzen Meer. Nahezu

jeden ihrer Tage lassen sie in einschlägigen Lokalitäten ausklingen. Hier ist

vornehmlich Livemusik zu hören, so auch jene trostlose bulgarische Band in ihrem

Hotel. Mit Titeln von BONEY M und Ähnlichem im Gepäck, können sie die drei

Musiker wenig beeindrucken. Am Nachbartisch sitzen fünf Männer die sich auf

Türkisch unterhalten. Zu später Stunde gehen diese zur Bühne und bemächtigen

sich der Instrumente besagter Hauskapelle. Was dann folgt, ist schon um einiges

imposanter. Micky verschluckt sich fast an seinem Bier, so spielen die Türken auf.

Eine in Fesseln legende Stilmelange aus arabischer Musik und extrem packendem

Rock, dargeboten in einer atemlosen Vitalität, veredelt mit dem so bezeichnenden

Muezzin-Gesang. Bereits nach fünf Minuten steht jemand vom Hotelmanagement vor

der Bühne und gestikuliert der musikalischen »Janitschar« seinen Unwillen, sowie

den unverzüglichen Abbruch dieser Weisen. Micky, noch erfüllt vom orientalischen

Ambiente, kommt auf eine Idee. Was, wenn morgenländliche Folklore-Musiker

auf ein Sinfonieorchester des Abendlandes träfen? Zu dieser Synthese müsste dann

noch als Katalysator eine Rockband ihre Rolle beisteuern. Ein gewaltiges Werk

von epochaler Bedeutsamkeit wäre garantiert die Konsequenz. Schon hört er die

Melodien dieses imaginären, multikulturellen Schaffens.

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