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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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Mit einem langen Schraubenzieher sticht er durch die Frontbespannung und perforiert

den Lautsprecher. Der verzerrt jetzt so richtig den Gitarrenton. Es krächzt, blubbert

und knistert. Micky lässt sich inspirieren. »Fire« nennt er seinen neu entstandenen

Song. Wenig später nimmt er ihn mit Vaters Tonbandgerät auf.

Der Jahreswechsel wird für Micky zum Desaster. Zusammen mit einigen Kumpels

will er die Silvesternacht in einem leerstehenden Haus in der Hellge-Straße begehen.

Diesmal ohne Knaller. Diesmal mit Alkohol. In einem ehemaligen Wohnzimmer

befeuern sie einen Termoluxofen, danach heizen sie sich selbst gebüh-rend ein.

Micky will es wissen und nimmt sich seine Flasche »Weinbrand-Verschnitt« zur

Brust. Ungeübt im Umgang mit derlei Spirituosen leert er sie fast in einem Zug.

Nur zweimal setzt er ab, um nach Luft zu schnappen. Keine fünf Minuten später

bricht er zusammen. Er schleppt sich zum Fenster und mit dem Oberkörper voran

droht er hinauszufallen. Die Senkelschlaufe seines Schuhs bleibt am Knauf des

Fensteröffners hängen und verhindert es. Indem er am Schuhband zieht, ändert dies

einer seiner Freunde. Micky stürzt in die Tiefe. Allerding nur 70 Zentimeter, denn

die kurzlebige Party findet in der Parterre statt. Nun liegt er vor dem Haus und sein

persönlicher Filmriss wird verhindern, dass er sich an die Begebenheiten dieser Nacht

in keinster Weise erinnern wird. Herr Hennemann wird telefonisch benachrichtigt,

er solle doch seinen im Schnee liegenden Sohn von der Straße heimholen. Der sucht

vergebens, haben doch Mickys Saufbrüder ihm unter die Arme gegriffen und zur

Schwimmhalle weitergeschleppt. Hier befindet sich ein kleiner Hang, den kugelt er

mehrmals zur Belustigung der anderen hinunter. Doch sie haben ein Einsehen und

bringen ihn nach Hause. Der Vater holt ihn schließlich hinein und legt ihn in die

Küche. Damit sein Sohn nicht am eigenen Erbrochenem erstickt, hält er dessen Kopf

zur Seite. Irgendwann am kommenden Vormittag wird Micky wach. Das Nachthemd

mit getrocknetem Auswurf befleckt, in den Haaren kleben bitter riechende Brocken.

Er fühlt sich elend und verdreckt. Die Standpauke der Eltern hält sich in Grenzen, ist

man doch froh, dass der Sohnemann seine Alkoholvergiftung überlebt hat.

Mickys Schulbanknachbar ist schwerhörig und trägt eine Hörhilfe. Der Gitarrist der

LANDTRAMPS weiß darum, wie ein Hörgerät in einer Band genutzt werden kann.

Zwischen Gitarre und Radio gekoppelt dient es als Verzerrer. Siegmund Siede ist nun

in der Gruppe. Musikalisch untalentiert, wohl aber ein begnadeter Elektronikbastler.

Und er soll ein »E-Washboard« bedienen. Micky entwickelte dieses nie realisierte

und zum Einsatz gekommene Instrument. Er stellte sich vor, damit einen noch

nie dagewesenen Ton zu erzielen. Ein ganz gewöhnliches Waschbrett würde mit

Drahtbürsten, Fingerhüten, Badebürsten und Schwämmen bearbeitet werden. An

der Unterseite angebrachte Haftmikrofone hätten diesen Sound an einen Verstärker

weitergeleitet.

Siegmund S.: „Bald schon zerschoss Mickys Gitarre die Hörhilfe, und ich bekam

akustisch die nächsten 14 Tage nur recht wenig mit.“

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