Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2000: Gottes Vieh
Und auf dieser möchte er zu einem zirka zwanzigminütigem Improvisationsopus,
mit Farben und Pinsel im Rahmen einer Kunstaktion, agieren.
Der Frank weiß einige entzückende Anekdoten zum Besten zu geben. Seine
musikalische Kollaboration mit Jacky nahm in ihrer Anfangsphase in dessen
Wohnstube in der Salzelmener Solgrabenstraße ihren Lauf. Im Klartext: Ein Schlagzeuger
und ein Saxophonist machten hier Free Jazz. Zuweilen auch bis in die frühen
Morgenstunden. Bei einer derartigen Session vernahmen die beiden im Treppenhaus
polternde und schwer zu definierende Geräusche. Am nächsten Mittag, als Frank
sich verabschiedete, erblickten sie deren Ursache direkt vor Jackys Wohnungstür.
Die Szenerie besaß das Ambiente eines Polterabends: Ein unmissverständlicher
Berg aus Scherben und Bruchstücken ehemaliger Teller, Tassen und Blumentöpfe
samt Inhalts, ließ den nächtlichen Grimm der Mitbewohner erahnen. Kopfschüttelnd
kommentierte dies Jacky: „Welch erschlagende Intoleranz!“ Geradeso wenig
Toleranz brachte seine Ehefrau auf, die ihn einige Zeit zuvor verlassen hatte.
Anstelle eines Wurstbelags auf seinem Frühstücksbrot, fand Jacky einen Zettel mit
folgender Notiz zwischen den Brotscheiben: „Die Haushaltskasse ist leer, kümmere
dich!“ Irgendwann schaffte sie in diesem Zusammenhang seinen ganzen Stolz,
eine historische Kesselpauke, zur Wertstoffannahme. Die Buntmetallpreise waren
akzeptabel und somit füllte das Kupfer wieder den Kühlschrank.
Anfang der achtziger Jahre wollte Jacky zu einer Aufnahmeprüfung an der Musikschule
nach Halle an der Saale. Da Frank beabsichtigte sich ein Sopransaxophon zuzulegen,
nahmen beide denselben Zug. Jacky hatte sich zu diesem Lokaltermin vornehmlich
herausgeputzt. Er trug einen recht knappen und schwarzen Konfirmationsanzug
mit bezeichnenden »Hochwasserhosen«. Dazu ein weißes Oberhemd nebst einer
großen Fliege gleicher Farbe. Eine überdimensionierte Sonnenbrille der Marke
»Stubenfliege« ergänzte dieses Outfit. Die Fahrt verkürzte und garnierte man sich
mit Hilfe einer großen Flasche Boonekamp. Recht beschwipst blies Frank als erstes
sein Saxophon in einem Hallenser Musikgeschäft an, befand es für korrekt und
tätigte den Kauf. In einer benachbarten Konsumverkaufsstelle holten sich die zwei
Nachschlag: Eine Flasche Weinbrand-Verschnitt. Jacky jedenfalls, erreichte nie die
Musikschule.
Am 9. Oktober begrüßt die Band Ines Wolffram, die sich ganz spontan an Mikrofon
und Keyboard setzt. Hier zelebriert sie eine fünfzehnminütige solistische Darbietung.
Die Siebzehnjährige macht ihre Sache mehr als gut und so geht es langsam wieder
aufwärts mit der kollektiven Moral.
Umso schwerer ist es zu verstehen, als am 17. November ein Andi Päßler seine
Mitwirkung in der Band aufkündigt. Er gibt zu erkennen, in mehreren Punkten
übergangen worden zu sein. Das prekäre Vorspiel eines Herrn Schäfers, der, so stellt
sich im Nachhinein heraus, Andis jüngstem Spross Französischunterricht erteilt,
sei Motiv genug, nun diesen nur noch Sechsen zu verpassen. Seine von Klaus und
Micky niedergestimmte Idee, ließ ihn noch einmal essigartig aufstoßen und seine
Konsequenzen ziehen.
198