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Ecki G.: „Der Glanz seiner Augen war gespenstisch, in seinem Blut begann ein
krankes Pochen.“
An diesem entfacht er nun mit der rücksichtslosen Wut eines Kamikazefliegers
ein animalisches Inferno. Unterstützung erhält er vom rhythmischen Drumming
zweier wie Berserker agierenden Trommlern. Feuer und Wasser sagen einander die
Meinung; ein Mensch genießt sich im Chaos. Das Xylophon gewinnt den erbitterten
Zweikampf mit den Stuhlbeinen in einem wahrhaft musikalischen Feuerwerk.
Dieser Wust des Exzesses hatte keinen eigentlichen Schauplatz. Keine Landschaft.
Keine Szenerie. Kein Kostüm. Nein, er spielte im luftleeren Raum der Idee, vor oder
nach aller Zeit. Als der Schlussakkord des Werkes erklingt, verebbt und die Wohltat
der Stille Einzug hält, liegen unter den arg deformierten Röhren des Instrumentes
nur noch Holzspäne. Ernüchternd ist der Wahn, dem man verfallen war, verflogen.
Leider bleibt das Tonband mit dem Mitschnitt nicht der Nachwelt erhalten. Bassist
Glatzel wird diese Glanzleistung menschlichen Verstandes ein halbes Jahr später
überspielen.
Ständig auf der Suche nach vertonbaren und guten Texten gerät Micky an einem
ehemaligen Mitschüler. Ein nonkonformanter Freak namens Jörg »Peitsche«
Schnitzeler. Zu Beginn des achten Schuljahres lernten sich die beiden während einer
Sportstunde in der »Karl-Liebknecht-Schule«, als Torpfosten (!) kennen. Gleichsam
keinerlei Beziehung zum sportiven Typus habend, wurden Peitsche und Micky als
Torhüter der beiden gegnerischen Fußballmannschaften aufgestellt. Bereits nach fünf
Minuten fiel das erste Tor für Mickys Elf. Denn im gegenüberliegenden Tor herrschte
gähnende Leere. Dessen Wart hatte nichts Besseres zu tun, als sich zum feindlichen
Lager zu begeben. Mit seinem Amtsbruder ein paar Worte wechseln, ja das wollte
er. Der somit abgelenkte Micky übersah dann auch prompt das herannahende Leder.
In letzter Sekunde konnte er sich noch in Sicherheit bringen. Die beiden Teams
zeigten sich erbost über ihre enttäuschenden Torsteher. Augenblicklich wurden
die zwei mit freundlicher Unterstützung des Sportlehrers suspendiert. Anstelle der
imaginären Torpfosten mussten nun Peitsche und Micky die abgelegten Pullover und
Hosen ersetzen. Jetzt standen sie sich gegenüber. Sofort nutzten sie die Gelegenheit,
vorbei an den Ohren eines desinteressierten neuen Torwartes, ausgiebig über Musik
Konversation zu betreiben. Micky ist fasziniert von Jörgs beachtlicher Sammlung
eigener Gedichte. Er spricht ihn in Hinsicht auf eine eventuelle Texter/Composer-
Zusammenarbeit an. Dieser ist jedoch nicht bereit sein Geistesgut einer Rockband
zur Verfügung zu stellen.
Bald darauf ist Micky zu Besuch bei Jörg, der sich ein Zimmer mit seinem jüngeren
Bruder Andreas teilt. Mies gelaunt ist letzterer, beschimpft er diesen doch mit: „Jörg,
du Mörder du!“ und „Mein armes Meerschweinchen!“ Micky erfährt, dass Jörg am
Vorabend das Haustier seines Bruders wieder einmal quälte. Wie es scheint auf ganz
und gar brutale Weise. So steckte er den Nager in eine Zellophantüte und blies den
Rauch seiner Zigarette, natürlich einer starken »Karo«, hinein.
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