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1973: Gottes Vieh
Das Tier sprang daraufhin, gepeinigt von Hustenattacken, in dieser auf und ab. Am
heutigen Morgen lag es aufgrund seiner erlittenen Marter regungslos im Käfig.
Offenkundiger Fall von Nikotinvergiftung. Als Jörg das WC aufsucht, zieht Micky
einen beschriebenen Zettel aus dem Papier-wirrwarr in Jörgs Schreibschrank. Der
darauf befindliche Text beeindruckt ihn so außerordentlich, dass er ihn noch am
selben Tag in ein musikalisches Gewand kleidet. Der erste »Hit«, der noch nach
Jahren gespielt werden sollte, ist geboren.
Eine Woche darauf ist Jörg auf einer der nächsten Gottes Vieh-Proben zu Gast. Hier
besitzt Micky die Dreistigkeit ihm zusagen, er möge doch einmal auf den Text des
nächsten Songs achten. Gottes Vieh spielt »Nur einen Augenblick«. Aufgefordert
eine Kritik zu fällen, schüttelt anschließend Peitsche nur sein Haupt mit der
Bemerkung, wer um Gottes Willen denn nur so einen Bockmist verzapft hätte! Er
erkennt, eventuell beabsichtigt, nicht seine eigenen Zeilen.
Micky: „Seine Weltvergessenheit, seine absolute Ehrgeizlosigkeit hatte etwas
ergreifend Echtes.“
Dennoch kommt es zu einer gewissen Zusammenarbeit mit ihm. So wird er beauftragt,
das musikalische Genre der Band zu umschreiben. Aus akzeptablem Grund soll hier
nur der repräsentative Teil seiner Definition wiedergegeben werden: »Gottes Vieh
ist in seiner Essenz imperativer Melangist eines rhythmisch radikalen, jedoch verbal
passiven und temporär transzentralen lyrischen Inhalts. Abgerundet durch historisch
gesehen innovatives melodisches Material. Transponiert und transpiriert durch die
Angst aus seiner Erfahrung, die es quasi emporhebt aus letztlich Alphaexponenten
vom Wesen eher betapotential harmonischen Materials; bis hinauf zu den primären
Kulturexponenten einer unikadenz‘schen kosmischen Stanzaform.«
Peitsche macht es sich zur Gewohnheit, auf den Partys als erster seine alkoholische
Durstgrenze zu überschreiten. Demgemäß liegt er verfrüht in einer dunklen Ecke.
Nach gut zwei Stunden hat er den bestimmenden Teil seines Rausches ausgeschlafen.
Jetzt, da in den Mündern der Anderen die Zungen merklich gewichtig geworden
sind, kommt er wieder auf die Beine. Lauthals fasst er nun seine Erkenntnis in
Worten: „He, ich kann ja wieder stehen!“ Bald hierauf motzt er in die Runde, weil
mit niemanden mehr eine ernsthafte Konversation zu führen sei: „Wie kann man sich
nur so betrinken?“
Die beiden Gottes Vieh-Gitarristen fahren alsbald nach Magdeburg. Hier, in einem
Musikladen am Hasselbachplatz, will Ronnie ein neues Instrument antesten. Er
zeigt sich zufrieden und sogleich hängt ein blauer Halbresonanzbass, die Form
einem Framus Star Basses nachempfunden, mit zwei Single Coil-Abnehmer aus
Markneukirchen um seinen Hals. Einige Tage später sägt sich Micky unter Ronalds
fachgerechter Anleitung, eine eigene 4x12 Box zu und investiert 450,- Mark in einen
»Ziphona HSV 925«-Verstärker.
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