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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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2003/04: Gottes Vieh

Alles Spezialitäten, etikettiert mit dem Duce und dem deutschen Führer. Fahrer

Thomas begibt sich nach all der Mühsal des Tages alsbald zur Nacht. Sein Kollege

dagegen kommt nun mit den ausschließlich älteren Gästen ins Gespräch. Einige der

alten Männer sprechen etwas Deutsch und erfahren vom italienischen Kriegseinsatz

eines Feldwebel Hennemann. Man tauscht sich aus. Micky spürt den Faschismus,

der nach wie vor in diesen alten Menschen atmet.

Am nächsten Morgen brechen sie nach Rimini auf. Umsonst. Die Messe hält ihre

Pforten des sonntags geschlossen. Retour nach Jeselo. Im Hotel findet just eine

Hochzeit statt und die zwei werden spontan eingeladen. Zuvor aber wollen sie

Venedig erkunden. Einer der Gäste der das Klischee eines Mafiosi entspricht, leiht

ihnen einen verrosteten Fiat Panda. Auf zur Lagunenstadt! In Punta Sabbioni gehen

sie an Bord. Die Fähre bringt sie hinüber. Entlang den Kais der Riva degli Schiavoni

findet gerade ein sportlicher Wettkampf statt. Micky ruft den wie ihm scheint, recht

kraftlosen Läufern nach: „Als wir euch im Teutoburger Wald verkloppt haben, seid

ihr entschieden schneller geflitzt!“ Seiner Sprache nicht mächtig winken sie nur

ab. Entschlossen nehmen sie sich nun all die Touristenattraktionen vor. Um dem

Markusdom steht das Wasser mehr als knöchelhoch. Fleißig scheißen die Tauben auf

dem Markusplatz. Von der Rialtobrücke spucken sie in den Canal Grande. Mit einer

Gondel überqueren sie diesen - das Ziel ist die prächtige Kirche Santa Maria della

Salute. Im Anschluss ersteht Micky noch eine Pestmaske, dann geht es zurück. Sie

wollen ja noch auf die Hochzeitsparty. Doch die ist bereits Geschichte, gähnende

Leere herrscht im Saal. Dabei ist es gerade mal halb zehn des abends.

Des Tags darauf holen sie nun endlich ihre Fracht aus Rimini. Was für ein Geschoss!

Dessen Überlänge ist monumental und nur eine Ausnahmegenehmigung erlaubt die

Verkehrsfähigkeit. Dennoch wird das Unikum angekoppelt und in Richtung Heimat

bewegt. Um kein Aufsehen zu erregen, beschließen sie die Nacht durchzufahren.

Gegen 18:00 Uhr meldet sich Drummer Stefan Jonas telefonisch. Dieser wartet

bereits im Proberaum. „Pass auf,“ bekommt er zu hören, „wir werden uns etwas

verspäten. Im Moment befinden sich noch die Alpen vor uns.“ Und die wollen

überquert werden. Ein deftiges Schneegestöber setzt ein. Es lässt Thomas einen Gang

herunterschalten. Später auf den Serpetinen im Alpengebirge wird es alarmierend.

Der Trailer schwenkt unkontrolliert aus und es beginnt eine schiere Rutschpartie.

Tief unten im Tal hinter der Leitplanke kann Micky die Lichter der Dörfer erkennen.

Eine richtig fiese Lage. Das Schneetreiben ist derweil zum Schneesturm mutiert. Nun

fallen auch noch dem Fahrer die Augen zu! Zeit für einen Stopp. Während Thomas in

der Raststätte seinen Kaffee schlürft, drängt es Micky eilends auf den Lokus. Alles

besetzt! Er spurtet hinaus über den Parkplatz zum Toilettenhäuschen. Verflucht,

irgendwer hat dessen Tür offen stehen lassen. Sie lässt sich nicht schließen, denn eine

beträchtliche Schneewehe ist bereits in das Innere gewandert. Der eisige Sturm hat

Zutritt und pfeift Micky um den freien Oberkörper. Sein Overall lässt nichts anderes

zu. Als sie Schönebeck erreichen, liegen 26 Stunden Fahrt hinter ihnen. Gerade eine

knappe halbe Stunde Schlaf hat man sich gegönnt.

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