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1985/86: Tean 77
Schon in der ersten Pause kommen sich die Sängerin und Micky näher. Die Getränke
sind gratis und so lädt er sie zu manch einem Cocktail an die Bar ein. Der künstlerische
Leiter der Band fängt bald darauf zu Knurren an. Sie sollen es bloß nicht übertreiben.
Beim Titel »Afrika« schlägt Micky mächting auf die Trommeln, der Gitarrist Kurti
Krebs dreht sich anerkennend zu ihm um. Bald schon fällt die angeheiterte Frontfrau
in das Schlagzeug. Am offenen Fenster erhofft sie sich frische Luft. Während sie
sich ausführlich übergibt, sieht man den Status einer Vorzeigetanzkapelle mehr als
gefährdet. Er solle ihr bloß keinen Alkohol mehr geben, wird vom Micky verlangt.
Dies sei nicht das TEAM 77 und es muss sich herumgesprochen haben, nicht dessen
trinkfeste Sängerin. Als nach Ende der Darbietung sich die Stimme der Combo
nicht heimwärts fahren lassen und vielmehr beim Micky noch eine Tasse Kaffee
bekommen will, zerreißt es ihrem Boss die Wohlerzogenheit.
Siegfried R.: „Ich hätte gern auf diese undisziplinierte Art von Vertretung verzichtet.“
7. Oktober 1985. Geburtstag der DDR. Erwin & Co. sind in Sachsendorf zu Gast.
Die dortige LPG will sich vergnügen. Die Anlage steht und die Kapelle sitzt an
ihrem Tisch auf der Bühne. Anlässlich des Feiertages sollen einige Bauern zu
Aktivisten geschlagen werden. Die Kandidaten reihen sich vor der Bühne auf. Als
die Nationalhymne erklingt, nehmen sie ehrfürchtig Haltung an. Der Rest des Saales
erhebt sich. So auch die Musikanten. Micky ist gerade im Begriff eine Bockwurst
zu verspeisen. Jetzt steht er für jedermann gut sichtbar, mit den Händen an der
Hosennaht vor seinem Stuhl. Ein Ende der Wurst ragt ihm aus dem Mund. Erwin
macht große Augen und ist über seinen Gitarristen erbost. Blitzschnell entreißt er
ihm das Stück Fleisch und wirft es auf den Teller zurück.
Irgendwo in der Altmark auf der F 71. Es ist morgens um halb vier und die
Band kommt von einem Gig aus Tangerhütte. Micky kann vom Beifahrersitz
aus erkennen, wie plötzlich von der rechten Straßenseite etwas Schwarzes zwischen
den vorausfahrenden Pkw und seinen Anhänger läuft. Ein Tier. Es wird
zurückgeschleudert und versucht abermals die Fahrbahn zu überqueren. Nun rennt es
direkt vor das folgende Auto, mit dessen Schürze eine Kollision nicht zu vermeiden
ist. Erneut zurückgeworfen, bleibt es schließlich bewegungslos liegen. Die Wagen
stoppen. Die Musiker gehen zurück und erkennen ein mittelgroßes Wildschwein.
Ganz schön unheimlich, so allein um diese Uhrzeit auf der Fernverkehrstrasse zu
stehen. Ein kühler Morgenwind geht über das Feld. In Mickys Fantasie taucht die
aggressive Bache auf, empört über den Verlust ihres Kindes. Schnell wird beraten.
Den Förster in der nächsten Ortschaft alarmieren? Alles Blödsinn. Da ist doch noch
Platz im Wartburg-Kombi. Neben der Bassdrum wird schließlich die tote Sau mit
heimgeführt. Um halb fünf reißt Günter seinen Schwager aus den Federn. Der ist
Hausschlachter in Biere. Er erkennt den Ernst der Lage. Umgehend muss gehandelt
werden, denn das Tier ist nicht ausgeblutet. Bevor man daran geht Wurst aus ihm zu
machen, wird die Todesursache festgestellt. Eindeutiger Nierenriss.
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