Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1972: Brain
Irgendwann beginnt sich der Freundeskreis um Micky herum auch für »Drogen«
zu interessieren. Die wohl bekannteste ihrer Art wird hergestellt, indem fünf bis
sechs Tabletten des Beruhigungsmittel »Faustan« zerkleinert und in einer Flache
Cola aufgelöst werden. Für Micky ist dies zu chemisch, er versucht sich lieber am
einheimischen Hanf. Den besorgt er sich in der Schönebecker Seilerei »Assmann«.
Zur Zigarette gedreht oder in der Pfeife des Vaters geraucht, probieren Klaus und
Micky ihre erste Reise mit den Blättern, Stielfasern und Blüten dieser Pflanze.
Klaus W.: „Ich fragte Micky, ob er schon etwas merkte. Er log.“
Ein gewisser Frank Obenzetter bastelt sich einen gigantischen Kocher. Ein Sportstaffelstab
wird abgesägt, anbohrt und mit dem Mundstück einer gewöhnlichen
Pfeife versehen. Mit diesem Instrument gibt er sich 26. April im »Treff« die Ehre. Er
entfacht es und monströse grünlich-gelbe Rauchschwaden durchziehen den Saal. Sie
verursachen einen süßlichen und fremdartigen Duft.
Micky: „Ich konnte bald darauf beobachten, wie der Diskjockey von der Bühne stieg
und in schnüffelnderweise entlang der elektrischen Leitungen nach der Ursache des
Geruches forschte.“
Schon im Frühjahr 1972 brachte Micky im Garten hinter dem Elternhaus Mohnsamen
in die Erde. Diese gehörten als Beilagepäckchen zur Kinderzeitung »Frösi«.
Zum Erstaunen von Vater und Mutter kümmerte er sich in rührender Weise um die
heranwachsenden Pflanzen. Einige Wochen später ritzte er dann die noch grünen
Mohnkapseln an und fing den heraustretenden weißlichen Saft auf. Heimlich veraschte
er ihn mit Hilfe eines Esslöffels über der Flamme des Küchenherdes. Bei
günstiger Gelegenheit führte er sich dann diese Substanz nasal zu Gemüte. Alles nur
Betrug. Genauso wie das »DDR-Haschisch« wirkt es nicht im Geringsten.
Unterdessen arbeitet BRAIN beharrlich an der Verbesserung seiner Technik. Schon
bald erhält Klaus eine erste Elektro-Brettgitarre. Sein Onkel Otto Hahn ist als Tischler
im Traktorenwerk Schönebeck beschäftigt und nimmt Hals und Tonabnehmer der
Wanderklampfe seines Neffens. Dann sägt er aus einer Sprelacart-Platte (geleimtes
Lagenholz mit beidseitigem Kunststoffüberzug) einen Korpus zurecht. Alles wird
zusammengefügt und ein glücklicher Klaus erhält ein Unikat. Doch nicht ganz
zufrieden mit der Bespielbarkeit lässt er sich hurtig von seinen Eltern beschenken.
Zum nächst passenden Anlass erhält er eine fabrikneue, silberne E-Klampfe Typ
»Jolana Star 7«, Made in CSSR.
Der Schönebecker Drummer Bernd »Affe« Schilanski macht ein akzeptables
Angebot und bietet das alte Schlagzeug seines Vaters zum Schnäppchenpreis. Leider
ist Volker nicht in der Lage den nötigen finanziellen Aufwand zu erbringen. Gerade
erst kam es zur Konfrontation mit seinem Vater. Wie schon oft zuvor bestand dieser
darauf, dass sein Sohn die Phonzahl seines Tonbandgerätes drosseln sollte.
58