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1988-90: Team 77
Seine nicht allzu bestechende Virtuosität war oft genug Anlass für manch sinnfällige
Begebenheit. Prinzipiell war es dem Erwin nicht gegeben zu erkennen, wann sein
Keyboardspiel nicht mehr mit dem restlichen Klangkörper der Gruppe harmonisierte.
Auf die Meinung beharrend er spiele als einziger korrekt, trat er dann mit aller Geltung
sein Volumenpedal durch. Jeder solle schließlich hören, wie musikalisch richtig er
sich benehme. Bereits Anfang August 1981 schlug sich Rainer Schulz in einer solchen
Situation bei einem Gig in der Zerbster Stadthalle, mit der Hand vor die Stirn und
ließ sich in einem auf der Bühne stehenden Sessel fallen. Infolge dieser öffentlichen
Entehrung kam es zu einer feurigen Kontroverse zwischen dem Kapellenleiter und
seinem Saxophonisten. Sie uferte noch aus, als Micky einen Verbesserungsvorschlag
anbrachte. Er sprach sich dafür aus, auf Erwins Tasteninstrument eine rote Glühbirne
zu installieren. Diese sollte dann bei auftretenden falschen Tönen per Fußtaster vom
musikalischen Leiter Günter Kraus aktiviert werden. Zur allgemeinen Belustigung
stieg nun Erwin auch noch seinem Gitarrenmann mit Worten wie »Du blöder
Landrat« oder »Ochse vom Kulm« gehörig aufs Dach.
Günter besinnt sich des Pianisten Wolfgang Mader. Zusammen mit Manfred
Schulz spielten sie vor Jahren im MSK-Trio. Das Kürzel stand nicht, wie etwa von
Outsidern oder Kritikern angenommen, für Magdeburger-Scheiß-Kapelle. Nein, es
gab lediglich die Anfangsbuchstaben der Musiker wieder.
Am 21. Oktober 1988 gibt Wolfgang an den Tasten im altmärkischen Packebusch
sein Bühnendebüt. Dieser bedient in mehreren Titeln parallel als zweites Keyboard
noch den Casio. Micky kann sich wieder ausschließlich auf die Gitarre konzentrieren.
Bald schon greift Wolfgang sich ans Herz sowie in die Brieftasche. Er investiert
im Frühjahr 1990 sage und schreibe 16.000 DDR-Mark in ein Kawai-Keyboard.
Diesem Wunderwerk der Elektronik entlocken sie verblüffende Sounds, wie
Gregorianische Mönchsgesänge und Violinquartette. Sogar eine Applaussequenz die
sie nach Lust, Laune und bei Bedarf zwecks Animation des Publikums einsetzen
können. Bezüglich jener leicht zu manövrierenden Technik erinnert Günter sich
anderer Zeiten. Mitte der Siebziger Jahre wirkte die MSK-Truppe noch als Hausband
in der Magdeburger HO-Gaststätte »Pliska«. Wolfgangs damalige bereits zehn Jahre
alte Matador-Orgel, (mit integrierten Röhren und Tonzungensystem) besaß eine
hinderliche Unart. Nach gut drei Stunden unerbittlichen Bühneneinsatzes heizte
die sich nämlich bis zu ihrer Funktionsuntüchtigkeit auf. In derartigen Situationen
verabschiedete man sich zu einer zwanzigminütigen Zwangspause. Geschwind
wurden Netz,- und Verstärkerkabel gezogen und man begab sich mit dem Instrument
in den Küchentrakt des Restaurants. Hier öffneten sie sogleich eine der sich dort
befindlichen Tiefkühltruhen und hoben das komplette Tastengerät hinein. Nach
erfolgter Reanimation wurde die leicht berauhreifte Orgel wieder an Ort und Stelle
verbracht. Bis zum Zapfenstreich versah sie dann hingebungsvoll ihren Dienst.
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