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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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Gottes Vieh, könnten auch wir alle sein. Das eindrucksvollste Beispiel über die

Herkunft dieses Wortspiels bietet die Weisheitslehre von Merikare, die in das 21.

Jahrhundert v. Chr. zu datieren ist. In ihr werden die Menschen allgemein »Bild

Gottes« genannt: »Wohlversorgt sind die Menschen, das Vieh Gottes. Er hat die

Luft gemacht, dass die Nasen der Menschen leben. Sie sind seine Abbilder, die aus

seinen Gliedern hervorgegangen sind. Er geht am Himmel auf für ihre Herzen, hat

die Pflanzen für sie gemacht und die Tiere, Vögel und Fische, um sie zu ernähren.«

Heinrich Heine ist es, der aus besagter Schrift in seinem Werk »Reisebilder» /

Reise von München nach Genua, Kapitel 9 zitiert: „...Die alten Jesuiten liegen

im Grabe mit ihren alten Hosen, Begierden, Weltplänen, Ränken, Distinktionen,

Reservationen und Giften, und was wir jetzt in neuen, glänzenden Hosen durch die

Welt schleichen sehen, ist nicht sowohl ihr Geist, als vielmehr ihr Gespenst, ein

albernes, blödsinniges Gespenst, das uns täglich durch Wort und Tat zu beweisen

sucht, wie wenig es furchtbar sei; und wahrlich, es mahnt uns an die Geschichte von

einem ähnlichen Gespenste im Thüringer Walde, das einst die Leute, so sehr vor

ihm fürchteten, von ihrer Furcht befreite, indem es, vor aller Augen, seinen Schädel

von den Schultern herabnahm. Es zeigte jedem, dass es inwendig ganz hohl und leer

sei. Ich kann nicht umhin, nachträglich zu erzählen, dass ich Gelegenheit fand, den

dicken Mann mit den glänzend neuen Hosen genauer zu beobachten und mich zu

überzeugen, dass er kein Jesuit war, sondern ein gewöhnliches Vieh Gottes.“

Die Band, die sich diesen Namen gab, möchte an den in den frühen Siebzigern

kreierten Artrock anschließen, als auch mit eigenständigem Potential versehen,

weiterführen. In der gegenwärtigen Szene sieht man sich von Anfang an als

Sonderfall: Individual-Anarchismus, für Popjünger zu kompliziert; für Rockpuristen

zu wenig konzipiert. Gern begibt man sich abenteuerlustig wie man ist und mit Mut

zum Risiko, abseits des Asphalts, durch das Dickicht musikalischen Neulands. Die

Musik scheint teilweise etwas eigensinnig anzumuten, indem formale, harmonische

und rhythmische Zäune eingerissen werden; aber letztendlich ist, ohne das dahinter

liegende Grundstück zu zerstören, die wiederum eigensinnige musikalische Einheit

erkennbar, durchlaufen von einer Art roten Faden des Eigenen. Die heutige Zeit

braucht Klangkünstler, die wissen was sie tun und nicht noch mehr Handwerker

ohne jegliche künstlerische Botschaft.

Micky, der anscheinend musikalisch unverstandene Exzentriker, gibt zu verstehen:

„Ich weiß nicht genau, was richtig oder falsch ist. Ich weiß nicht einmal, ob es

so etwas wie Richtig und Falsch gibt. Ich kenne nur Standpunkte. Weiß ich doch

selbst, was ich fühle. Kenne ich die Richtung, in die mich meine Füße tragen. Ist

mir bewusst, wonach meine Hände greifen. Es soll sie nicht geben, die Anderen, die

sich meiner bedienen. Es ist eine Schwäche der Menschheit, Genie mit Wahnsinn zu

verwechseln. Es ist schlimm, sich zu zwingen, wie die anderen zu sein. Das führt zu

Neurosen, Psychosen, Paranoia. Es würde bedeuten, der Natur zuwiderzuhandeln,

weil sie in allen Wäldern der Welt kein Blatt geschaffen hat, das dem anderen gleicht.“

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