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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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1972: Steinschlag!

Auch ist täglich eine nette Tradition bei den Lehrlingen zu erleben. Stehen sie auf

ihrer Raucherinsel, werfen sie sich gegenseitig und unbemerkt die noch brennenden

Zigarettenkippen in die Taschen ihrer Arbeitsjacken. So ist es immer wieder nett

anzusehen, wenn sie schreiend an ihren qualmenden Blaumännern herumklopfen.

Uwe Klamm: “Ich begann ein Jahr nach Micky meine Lehre. Zusammen mit weiteren

Auszubildenden besichtigten wir unsere Lehrwerkstatt. Bei dieser Exkursion

nahmen wir ihn nur von Weitem wahr, denn der Lehrmeister führte uns bewusst um

ihn herum. So gab ich vor, die Toilette aufsuchen zu müssen und kam auf dem Rückweg

an seinem Arbeitsplatz vorüber. Er stand an einer Bohrmaschine, an welcher er

einen Text geklebt hatte, den er gewiss versuchte auswendig zu lernen. Sein langes

Haar verbarg ein Kopftuch, dennoch fiel es einen halben Meter über seinem Rücken.

Seine Arbeitsschutzstiefel waren eine Augenweide: Sie waren himmelblau.”

Micky dreht jeden Pfennig um den er hat, spart er doch für die Musik. Die Mark, sprich

das Eintrittsgeld in die Disco rückt er nicht raus, sondern klettert über ein Vordach der

HOG »Stadtpark«. Ein Bekannter öffnete vorab ein Fenster und ermöglicht so den

Einstieg über die Empore. Die Cola kosten 35 Pfennige. Entschieden zu viel für ihn.

So läuft er im Bedarfsfall aufs WC und bringt seinen Mund unter den Wasserhahn.

Die hier Anwesenden zeigen sich irritiert.

In der Deutschen Hitparade gibt unter anderen ein Tony Marshall den Ton

an. Mit seinem Bumsschlager »Heute haun wir auf die Pauke« erreicht er sogar einige

von Mickys Zeitgenossen. Im Bierrausch schlagen sie mit ihren Fäusten kräftig den

Takt auf der Tischplatte mit. Sie grölen lauthals. Micky bekommt eine Gänsehaut; er

versteht die Welt nicht mehr. Lediglich der Textzeile „…und wenn die anderen zur

Arbeit gehen, sagen wir gut´ Nacht.“ kann er etwas abgewinnen.

Ende 1972 beginnt sich Micky auch für eine andere Musikrichtung zu

interessieren. Dem recht experimentellen Genre der Avantgardmusik. Durch

bestimmte Radiosendungen wird er aufmerksam auf deren Vertreter: DEUTER,

KARLHEINZ STOCKHAUSEN, aber auch auf den klassischen Bereich

repräsentiert durch ARNOLD SCHÖNBERG. Am 28. Dezember bastelt er aus diversen

Soundcollagen seinen ersten Titel zusammen. Mittels Überspieltechnik zweier

Tonbandgeräte überlagert er sie über eine basierende ostinate Bassgitarrenfigur.

Die »Deichselprüfung« entsteht. Für dieses parallele Projekt legt er sich sogar ein

Namenspseudonym zu. Zuweilen widmet sich nun FELIX MEIERHOF seinem

zweiten musikalischen Standbein.

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