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Viele von Mickys Zeitgenossen schwärmen unablässig für die Musik der populären
Hitparadenbands. Ihr Geschmack war ihm schon immer unverständlich, als auch
nicht oder schwer nachzuvollziehen. Der Werdegang seiner Hörgewohnheiten
jedenfalls verlief einen recht skurrilen Weg. Machte er es sich doch zur Mission
immer anders als die Anderen zu sein. Fuhr zum Beispiel sein Bekanntenkreis auf
die ROLLING STONES ab, beschäftigte er sich mit den BEATLES. Galten diese
als angesagt, ging er einen Schritt weiter und war fortan offen für Bands wie TEN
YEARS AFTER oder BLACK SABBATH. Waren bald darauf auch diese in aller
Munde, so schlug sein Herz von Stunde an für das MAHAVISHNU ORCHESTRA
respektive eines JOHN MCLAUGHLIN. Indem die anderen sich schwerfällig und
mit vielerlei Vorbehalten diesem Typus näherten, setzte Micky beflissen noch eins
drauf: Er besorgte sich seine ersten Free Jazz-Platten, unter anderem von DDR-
Größen wie ULI GUMPERT, HUBERT KATZENBEIER und BABY SOMMER.
Anscheinend war es die Macht der Gewohnheit, die sich dafür verantwortlich zeigte,
dass jene nicht gerade »leichte Kost« ihm irgendwann wahrlich auch gefiel. Jedenfalls
folgten ihn bis hierhin höchstens fünf, sechs Leute. In diesem Kreis machten fortan
Musiker wie die Saxophonisten ERNST »LUDEN« PETROWSKY, FRIEDHELM
SCHÖNFELD, JOE FARRELL, PETER BRÖTZMANN, die Bassisten KLAUS
KOCH, CHARLIE HADEN, CHARLIE MINGUS, BUSCHI NIEBERGALL, die
Pianisten WOLFGANG DAUNER und ALEXANDER v. SCHLIPPENBACH, und
die Schlagzeuger AIRTO MOREIRA, JACK DEJONETTE und CEES SEE die
Runde.
Ecki G.: „Ich brauchte lange, bis ich Micky endgültig verstand.“
Im April 1973 läd in die »sturmfreie« elterliche Wohnung ein Hardy Zenß zur Party
ein. Eine der zahlreichen Feten jener Zeit. Der Abend nimmt seinen Ausgangspunkt
im Kinderzimmer, wo Micky sich anerkennend über die hier vorhandene soundtechnische
Raffinesse äußert.
Micky: „Die Musik schien aus jedem Winkel und aus jeder Ecke zukommen, ja selbst
der Nebenmann versprühte Musik.“
Ursache hierfür sind die über zwanzig Lautsprecher, die geschickt und unerkannt im
Zimmer installiert wurden. Gegen 19 Uhr vernimmt man undefinierbare Geräusche
unter der Couch. Der Grund hierfür ist die horizontale Anwesenheit eines sich im
trunkenem Zustand befindlichen gewissen »Hotti«. Niemand weiß wo er her, wie
herein und warum er gekommen ist. In einer Tasche seines Parkas wird ein junger
Sperling entdeckt, dem sie spontan die Freiheit schenken. Erst hiernach bitten sie
den Hobbyornithologen zu Tisch. Die Stunden des Abends vergehen und die Meute
expandiert schon bald in mehrere Räume.
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