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Und nach den Ferien mache ich eine Beatband auf

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1974: Gottes Vieh

Den Befund wird er nie erfahren, bleibt jedoch für die nächsten zwei Jahre vom

Wehrdienst verschont.

Anfang Juni begibt sich GOTTES VIEH geschlossen nach Halberstadt, um von einem

ihnen bekannten Musiker mehrere Lautsprecher zu kaufen. Mit dem Adresszettel in

der Hand irren sie durch die fremden Straßen. Nach drei Stunden findet man die

Hausnummer, nicht aber den Verkäufer. Der renoviert nach Auskunft seiner Mutter

irgendwo bei einem Freund die Wohnung. Ohne die Speaker im Gepäck treffen sie

wieder auf dem Halberstädter Bahnhof ein. Vom Kiosk auf einem der Bahnsteige

wollen sie sich noch schnell ein paar Flaschen Bier besorgen, sich über das Desaster

hinwegtrösten. Als die Verkäuferin die Vier erblickt, wird sie so richtig nett: „Ihr

Vögel bekommt hier überhaupt nichts!“ Und auf den im Hintergrund stehenden

Micky zeigend: „Und der da von der Asche sollte nicht meiner sein, totschlagen

würde ich den!“

Udo M.: „Kurzerhand verschloss sie ihr Fenster und durstig mussten wir auf den

Zug in die Heimat warten.“

Im Juli benutzt man eine Acht-Millimeter-Filmkamera und produziert ein erstes

Video: Innenaufnahmen der Band im »Treff«, sowie diverse Außenschwenks im

Salzelmener Kurpark und Tannenwäldchen. Hierbei entsteht eine Sequenz recht

makaberer Natur, wofür eigens ein Dummy gebastelt wird. Während zugesägte und

mit Draht zusammengebundene Dachlatten die Extremitäten darstellen, fungiert

ein alter Ball als krönendes Haupt. Das »Gerippe« umwickeln sie mit Putzlappen,

stecken es in einen ausgedienten Trainingsanzug und ziehen ihm ein Kapuzen-Parka

über. Die bizarr anzusehende Figur wird auf den Dachboden von Rainers Elternhaus

in der Leninstraße bugsiert. Die Kamera wird auf einem Stativ im dortigen Hof

positioniert. Dann lässt Rainer sein eigenes Double zwölf Meter in die Tiefe stürzen.

Die Aufnahme wird gestoppt und beflissen wird der »Verunglückte« aus der Szene

geräumt. Nun legt sich Rainer an dessen Stelle in Position und erneut heißt es »Film

ab!«

Rainer S.: „Mit Schmerz gepeinigter Mimik und Todeskampf erfüllten Augen musste

ich mich in meinen letzten Krämpfen winden.“

Jedermann ist zwar von dieser Initiative begeistert, aber langsam und sicher hält eine

musische Stagnation Einzug. Immer noch beschränkt sich das Keyboard-Equipment

auf ein altes und verstimmtes Piano aus der Salzelmener Gaststätte »Stockmann«

stammend, sowie einem Klingenthaler »Clavinet«. Udo will nicht investieren.

Als er sich dann noch für ein Studium einschreibt, bricht die Gruppe auseinander.

Letztendlich verkauft der nun ebenfalls desinteressierte Ronnie seinen Teil der

Anlage. Ihn ersetzt nun zum dritten Mal, ein Eckbert Grimpe.

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