Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
Steirisches Jahrbuch für Politik 2003 - Steirische Volkspartei
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Problem und Chance<br />
urbaner Kultur in Kontinuität Wolfgang Mantl<br />
I. Europäische Kulturhauptstadt<br />
Gab es schon in den früheren Phasen der europäischen Integration einzelne Betäti-<br />
gungen im Bereich der Kultur und Kunst, so stellt doch der Maastrichter Unionsvertrag von<br />
1992 eine große Wende dar. In ihm äußerte sich trotz der Betonung der Währungsunion<br />
eine gewisse „Entökonomisierung“ der europäischen Unionsbemühungen, Entwicklungsli-<br />
nien, die sich dann in Amsterdam und Nizza fortsetzten. Auf Betreiben, wenn auch nicht<br />
zur völligen Zufriedenheit der deutschen Länder, wurde der Titel IX, Artikel 128 EGV, jetzt<br />
Titel XII, Artikel 151 EGV „Kultur“ positiviert und bei Beachtung des Subsidiaritätsprinzips<br />
eine Kompetenzbasis <strong>für</strong> kulturelle Aktivitäten der Gemeinschaft geschaffen.<br />
Der europäischen Bewusstseinsbildung dient über Initiative der damaligen griechi-<br />
schen Kulturministerin, der bekannten Schauspielerin Melina Mercouri, die jährliche<br />
Benennung einer europäischen Stadt zuerst als Kulturstadt Europas, dann als Kulturhaupt-<br />
stadt Europas. 1 Dadurch wurde es auch möglich, die jeweils ausgewählte Stadt zur Bühne<br />
kultureller Beiträge aus anderen Mitgliedstaaten zu machen. Dies wurde zuerst auf inter-<br />
gouvernementaler Ebene vom Ministerrat arrangiert. Kulturstädte Europas dieser Anfangs-<br />
zeit waren z.B. Athen (1985), Paris (im Revolutionsjubiläumsjahr 1989) und Weimar (im<br />
Goethejahr 1999). Während der deutschen Präsidentschaft wurde 1999 in Weimar der<br />
Titel „Kulturhauptstadt Europas“ kreiert. Im Jahr 2000 waren dies, um den Jahrtausend-<br />
beginn entsprechend zu würdigen, sogar neun Städte. Die damals miteinbezogene süd-<br />
westpolnische Stadt Krakau lag zu dieser Zeit noch außerhalb der Mitgliedstaaten, aber in<br />
einem Beitrittswerberland. 2002 waren Brügge und Salamanca an der Reihe. <strong>2003</strong> mit<br />
großem Erfolg – es sei trotz häufiger, nicht selten kleinkarierter Kritik, nicht zuletzt aus der<br />
Bundeshauptstadt Wien festgehalten – war Graz Kulturhauptstadt, bot ein europäisch<br />
orientiertes Gesamtprogramm während dieses Jahres an und wurde dabei von der EU<br />
unterstützt. Der Erfolg der Grazer Aktivitäten liegt nicht zuletzt darin, dass die steirische<br />
Landeshauptstadt sich national und international neben Wien und Salzburg in einer Füh-<br />
rungsgruppe österreichischer Kulturzentren platzieren konnte. 2004 sind Genua und Lille<br />
Kulturhauptstädte Europas.<br />
Jedenfalls war und ist das europäisch ausgerichtete Gesamtprogramm einer<br />
Kultur(haupt)stadt Europas während des jeweiligen Jahres eine intensive Verdichtung der<br />
kulturellen Repräsentanz von Region, Mitgliedstaat und Europa in vielen lokalen, regiona-<br />
len, nationalen und europäischen Aspekten (manchmal auch sogar globalen Bezügen),<br />
die allesamt durch diese Idee und ihre Realisierung eine sichtbare Bündelung erfahren.<br />
107